Bergschnee & Talschnee

Meine Kolumne im „Anzeiger von Saanen“ vom 19. Februar 2010

Schneefall zum Ersten:
Wir freuen uns über jeglichen Schneefall. Im Fall. Im Sommer natürlich weniger. Aber ab Mitte Oktober kann‘s losgehen. Weil dann lassen wir rund um die Saaner Alpen schneien. Sind ja für alle Eventualitäten vorbereitet. Könnte ja sein dass… Googlen wir mal Schneekanone und schauen wir bei Wikipedia unter Punkt 6 beim Inhaltsverzeichnis „ökologisch und ethische Problematik“ an. Etwa 3‘100 Schneeerzeuger werden Europaweit eingesetzt. Diese verbrauchen 260‘000 MWh Strom. Somit verbrauchen die Schneekanonen Europas jährlich soviel Energie wie eine Stadt mit 150‘000 Einwohnern und soviel Wasser wie Hamburg. Forscher haben festgehalten, dass in den französischen Alpen bis zu 70% weniger Wasser in den Bächen und Flüssen fliessen. Die Vorderseite: Schneekanonen werden verwendet, um Schnee zu ersetzen, der durch den Klimawandel ausbleibt. Die Rückseite: der hohe Energieverbrauch selber trägt wieder zur Verstärkung des Klimawandels bei, was wiederum nach noch mehr Schneekanonen schreit. Auch im Saanenland schreien wir nach schneeerzeugenden Maschinen. Nach dem Schreien kommt das Investieren. Hang um Hang wird mit künstlichem Schnee bedeckt, auf dass die Bergbahnen voll gepackt mit Skimenschen, auf die Berge fahren. Richtig saublöd wird es erst, wenn die Bergbahn defekt ist weil zu rostig. Das ist Zufall. Der kann ja nicht wissen, dass er nicht geplant war.

Schneefall zum Zweiten:
Im Tal drunten schneit‘s natürlich. Lautlos bis in die frühen Morgenstunden. Ein paar Zentimeter reichen und eine Armada von Megaschaufeln, die von Riesenrädern getragen werden, kommen in Gang gesetzt durch die Strassen. Das Motto: Asphalt raspeln. Rückwärts – vorwärts – seitwärts – bergwärts – talwärts. Es wird geraspelt bis der Asphalt fliegt. Weg muss er. Der Schnee. Einfach nur aus dem Weg, damit der Weg frei wird für Fuss- wie Autogänger. Selbst Land Rover und Jeep Ladys können somit gekonnt durch die Kurven gleiten. Die Promenade wird hergerichtet wie ein Green auf einem Golfplatz. Alles auf den Zentimeter genau freigeschaufelt. Da können wir sauglatt mit Discoschlappen vor die Boutique schlifern.

Aufgepasst, jetzt wird‘s un-ironisch. Es darf nicht zum Kreislauf werden, dass wir im Tal den Schnee in den Louibach kippen und ein paar Meter weiter unten den nicht mehr gefrorenen Schnee als Wasser aus der Saane auf den Berg pumpen. An einem Ort übelt der Schnee vor sich hin, ein paar Meter weiter oben wird Schnee auf Frau Holle komm raus erzeugt. Räumen wir den Schnee weniger hektisch. Lassen wir mal hie und mal da einen Haufen, Schneehaufen bleiben. Dieser Schneehaufen könnte von Kindern berutscht, behüpft und belacht werden. Auch auf den Strassen darf es Schnee haben. Wir müssen nicht mit achtzig durch die Strassen rädern. Lassen wir Langsamkeit in unser Leben. Es geht dann nämlich auf einmal alles schneller.

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Eine Antwort zu “Bergschnee & Talschnee”

  1. Bruno Kernen sagt:

    Lieber Thomas
    Habe mit Interesse Deinen letzten Bericht im Anzeiger von Saanen gelesen. Wie hat mir vor ein paar Jahren der beschriebene Bäckermeister Mal gesagt: “ Wenn Du nicht politisieren willst, dann wird mit Dir politisiert“. Das ist Fact und einmal mehr ist festzustellen, dass eigentlich ein Hotelier oder Touristiker in den Gemeindrat gehört. Nur welche/r lässt sich dazu gebrauchen? Ich sage: „Thomas Frei for Gemeinderat!“ Wuensche Dir nicht zu viel Rauch, sondern viele gute Aromen von den Cigarren. Falls Du frische Luft brauchst bist Du bei mir auf der Terrasse de Gstaad immer willkommen. Habe zwar keine Cigarlounge, aber dafür zieht hier immer ein gesunder Luft… Grüsse Dich mein Freund, Bruno

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