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Der neue GaultMillau Jahrgang

Heiko Nieder

 

Hurra, die Schweiz klatscht und jubiliert. Der neue GaultMillau ist, vergangenen Montag erschienen. Es scheint mir auf den ersten Blick ein guter Jahrgang zu sein.  Ein neuer 19-Punkte Koch bekommt die Schweiz nicht alle Jahre. Dazu wurde er „Koch des Jahres“. Der Heiko Nieder.

 

 

 

Sommelière Anna Lena Junge

 

Entdeckt haben Tester im Schloss Schauenstein die Sommelière des Jahres. Nämlich Anna Junge, die neue Powerfrau im Team von Caminada. Das schreibt GaultMillau über Junge: «Ein «Sommelier des Jahres» mit Leidenschaft und beeindruckendem Wissen. Sie kennt sich in der Bündner Herrschaft genauso gut aus wie in der internationalen Weinwelt und überrascht ihre Gäste immer wieder mit ihren Entdeckungen. Anna ist neben Nathalie Ravet (Vufflens-le-Château VD) die zweite Frau in der ersten Liga.»

Ich erhebe das Glas und stosse auf Anna Junge an. Bravo.

 

In eigener Sache.

Während meiner Midlife-Crisis meinte ich, ich müsste um Häuserecken keuchen und Stadtmarathon um Stadtmarathon seckeln. Naja war ja okay. Aber mein Hobby welches ich seit meinem sechzehnten Altersjahr habe, ist Essen. Bei den mit neunzehn Punkten dekorierten Kochgöttern schlemmte ich ebenso wie bei den meisten achtzehn Benoteten. So habe ich in eigener Recherche, mit eigenem Geld bei einem Koch gegessen, welchen ich zu meinem ganz persönlichen Koch des Jahres kröne. Nämlich Romain Pillereau aus der Pinte des Mossettes  in Cerniat.

Aktuell serviert er ein Wild Menü. Schweizweit werden wohl nur wenige Wild Menüs in dieser Qualität zu finden sein. Das Pithiviers mit Foie gras mit der sensationellen Sauce Périgueux war himmlisch. Von der Terrine und dem Hasen „Royale“ will ich gar nicht erst schreiben. Einfach grossartig was Pillereau und sein Team auf die Tische zaubern. 

Alles, einfach alle Gänge überzeugten durch einen Geschmack der fadengrad auf den Punkt des jeweiligen Produktes gebracht wurde. Kein Schnörkel nichts war zu viel. 

Gehet hin und geniesst. Reservation unerlässlich.

 

Heureka. Sieg über Booking

Bravo. Die Hoteliers haben gewonnen.

Wir haben zwar die Preishoheit zurück, gewinnen damit aber keinen Rappen. Der Präsident der hotelleriesuisse, Andreas Züllig, meinte in Interviews, dass die Hoteliers die zurückgewonnene Kommission an den Gast zurückgeben. Wie gewonnen so zerronnen. Ich kann an dieser Stelle schreiben, dass wir im Bernerhof die Preise nicht senken werden, da wir keinen Sponsor haben, sondern auf Gewinn angewiesen sind. Den brauchen wir nämlich. Für Investitionen und Dienstleistungen, so dass unser Produkt auf dem Markt bestehen kann. Im Übrigen hat sich selbst in der Hotellerie der Marktpreis – Angebot und Nachfrage – etabliert.

Frei Meinung

Booking hat seinen Erfolg u.a. dank der Unfähigkeit der Hoteliers erreicht. Erfolgreiche Hotels sind nicht auf Booking. Romantik Hotel Hornberg in Saanenmöser sei als eines der Beispiele erwähnt. Das war jetzt überspitzt formuliert. Booking gehört heute einfach dazu. Kein Hotel muss seine Zimmer aufschalten, so er sie selber verkaufen kann. Und, ein Zimmer welches ich heute nicht verkaufe, kann ich morgen nicht mehr verkaufen.

Parlament

Ich danke euch, dass ihr es mit uns Hoteliers gut meint. Viel lieber wäre mir aber, wenn ihr den missbräuchlichen Schweiz Zuschlägen der Generalimporteuren den Riegel vorschieben würdet. Das vermindert unsere Konkurrenzfähigkeit. Diese Vorleistungen sind bis 200% teurer als in unseren Nachbarländern. Die Hotellerie freut sich, wenn Ihr Euch für unsere Eidgenössische Volksinitiative «Stopp der Hochpreisinsel – für faire Preise» einsetzt.

FDP.Die – nicht mehr so – Liberalen

Ich erlaube zu schreiben, dass ihr, also jene die zustimmten, so einem Votum nie und nimmer hätten zustimmen dürfen. Es wird nämlich kein Hotel gezwungen, seine Zimmer bei Booking aufzuschalten. Im Übrigen haben sich die Zeiten geändert. Ware wird heute online verkauft und da hat es Gesetzmässigkeiten die der Markt vorgibt. Der Kunde entscheidet wo er was bucht und wo nicht. Zudem reicht das Wettbewerbsrecht resp. der Preisüberwacher für solche Anliegen.

Vorteil Direkt-Bucher

Im Bernerhof sind wir konzilianter (Stornierungen etc.) mit Gästen die individual buchen, Halbpension kann nur direkt bei uns gebucht werden, Sonderleistungen (zB. Picknickbuffet in den Sommermonaten, gratis Transfer zu Konzerten) gibt es nur für Direktbucher. Kurz und gut, Direktbucher haben bei fast allen Schweizer Hotels einen Vorteil gegenüber Booking Buchern.

Zusammenhang Booking und TripAdvisor

Bewertungsportale wie zum Beispiel TripAdvisor sind nicht die Lieben und Netten, die den Usern nur einen Überblick über die bewertete Dienstleistung geben wollen, nein, in erster Linie wollen sie Geld verdienen. TripAdvisor hat einen Börsenwert von 7.6 Milliarden Dollar. Erwirtschaftet im Jahr 1,5 Milliarden Dollar Umsatz. Die wichtigste Einnahmequelle sind klickbasierte Erträge von Buchungsplattformen. Und damit sind wir wieder bei Booking. Die «Ranglisten» welche die Plattformen aufstellen basieren nicht etwa nur auf Grund der guten oder schlechten Bewertungen, sondern auch auf Grund der Höhe der abgelieferten Kommission.

Entrepreneurship

Kurz und bündig. Wir brauchen mehr Unternehmer und Patrons die sich für Ihre Unternehmung mit Haut und Haaren einsetzen.

Ausführlich: In meinen nun schon 41 Jahren in der Hotellerie & Tourismus habe ich so einiges gesehen. Zum Beispiel Arnold Graf, der Besitzer meines Lehrbetriebes Hotel Bahnhof in Schaffhausen. Dann einen wahrhaft Grand Monsieur Zumtaugwalder vom ebenso Grand Hotel Zermatterhof. Natürlich waren noch andere dabei, der Sepp Müssgens vom Margna in Sils. Aus der Ferne beobachtete ich weitere Eigentümer die ihre Hotels selber führten wie Heiner Lutz und Laurenz Schmid vom Ermitage in Schönried. Die Familien Kienberger und Dietrich im Waldhaus Sils, Familie Züllig auf der Lenzerheide und und und. All sie haben aus selber erarbeiteten Mitteln immer wieder in ihre Häuser investiert. Ihr Tun und Handeln war immer langfristig geprägt. Diese Kraftwurzeln von Menschen haben eines gleich: sie setzten und setzen sich noch immer mit Haut und Haaren für ihren Betrieb ein.

Und dann haben wir dieses Mäzenatentum. Leute, die ein Hotel als Hobby besitzen. Der Vorteil ist, dass sie Hotels auf Vordermann bringen, die es vielleicht gar nicht mehr gäbe. Diese Hotel-Mäzene schmeissen mit Geld um sich, verwirklichen ihre Träume und tauschen ein paar bemitleidenswerte Direktoren aus, bevor sie merken, dass sie nebst den Investitionen für das Gebäude auch den jährlichen Betriebsverlust zu begleichen haben. Sie vergessen die Software, den Spirit, das Innenleben. Und diese Schlüsselkriterien lassen sich zum Glück nicht kaufen. Sie machen so viele Fehler beim Bau ihrer Bubenträume, dass es einem darob graust. Das aktuellste Beispiel ereignete sich im 5-Sterne-Hotel Park in Gstaad. Bis der bemitleidenswerte neue Direktor Post nur schon weiss was hinten und vorne ist, kann Donatella Bertarelli mal wieder ein paar Franken nachschieben. Schuld ist dann der General Manager Post.

 

Wenn ich schon grad am Schreiben bin, habe ich noch was. Nämlich ein Interview mit dem Schweizer Manager Stefan Leser, Nummer 1 der Jumeirah-Group im „Travel.“ Mit Sicherheit ein grossartiger Manager. Sonst wäre er nicht auf diesem Stuhl. Aber an seinen Aussagen spürt man den General Manager und nicht die eines Unternehmers.

 

 

Zwei drei Äusserungen haben mich stutzig gemacht. Ob er in Dubai als „impatient man“ am richtigen Ort sei wurde er gefragt: „… In Dubai legt man irgendwann mal los, zieht ein Projekt durch und fragt, Waht’s next?“ Da kratzt sich der Berghotelier in den Haaren und denkt sich, habe ich mein selber verdientes Geld für die nächsten Investitionen schon beisammen?

 

 

Bei der Frage zur Einschätzung zum Schweizer Tourismus, erlaubt sich Leser zwar kein Urteil, dennoch meint er, dass in den Destinationen zu wenig in die Infrastruktur investiert wurde. Nähme mich wunder, was der Sigi Asprion aus St. Moritz darauf antworten würde. Die Gemeinde St. Moritz hat Abermillionen in ihre Infrastruktur wie Bergbahnen, Heilbad etc. investiert.

Was meinen Gring erröten liess, ist seine Aussage: …“eine Frage muss sich im Tourismus jeder stellen: Sind wir eine Destination für die Gäste? Die Österreicher wissen, dass sie eine Destination für Gäste sind, und ernten jetzt auch die Früchte…..“ Ähm, entschuldigen Sie Herr Leser, unsere Nachbarn aus den nahen Osten haben in den letzten 10 Jahren 6 Mia. Euro in die Bergbahnen investiert. Bei stagnierender Tendenz der Ersteintritte. Die Österreicher haben im Winter 15/16 ein plus von 4% Nächtigungen. Gedanklich ist der Winter bei den Österreichern mit Schnee verbunden. Bei genauerer Betrachtung erfolgte die Steigerung aber in den Städten (+6%) und in den Orten mit Thermen. Die Bergregionen sind im Minus. (Quelle: Franz Hartl).

Wir haben im Tourismus Fehler gemacht. Das schleckt keine Kuh weg. Wie ich aber meine, haben wir in der Schweiz eine grössere Innovationskraft als unsere Freunde vom nahen Osten Österreich. Dass wir in der Schweiz doppelt so hohe Löhne zahlen als im benachbarten Ausland, schreibe ich jetzt nicht. Und dass uns die Handelshemmnisse im Freihandel im Agrar- und Lebensmittelbereich teurere Preise bescheren als im benachbarten Ausland, schreibe ich auch nicht. Das mit dem Euro sollte bekannt sein.

 

4. Bernerhof Gespräch. Resümee

Unser Champagner ist die Milch und der Kaviar unser Fleisch

Kurz Resümee: Wir müssen andere Wertschöpfungslinien finden als den Tourismus. Schnee ist von gestern. Authentizität bleibt und wird mit jedem Jahr stärker. Die Herausforderungen Destinationen St. Moritz und Gstaad sind die selben, wie uns Sigi Asprion, Gemeindepräsident von St. Moritz bestätigte. St. Moritz /Engadin habe die Ski-WM unter anderem organisiert, um vom Luxusimage wegzurücken. «Wir wollten zeigen, dass wir viel mehr sind als eine Luxusdestination», sagte Asprion. Durch die fünf 5-Sterne-Hotels hafte der Destination an, dass sie teuer, exklusiv und abgehoben sei.

Resümee ausführlich

Neue Wertschöpfungslinie für das Saanenland:

Unsere Bauern im Saanenland erzeugen viel Milch. Die Molkereien verarbeiten sie zu pasteurisierter Milch, Joghurt, Käse, Butter u.s.w – bei uns entsteht eine eindrückliche weisse Produktelinie. Aber der Grossteil dieser Produkte wird in Tankwagen ins Mittelland gefahren. Macht das Sinn?

Es könnte auch so gehen: Wir produzieren nur noch soviel Milch, wie wir selber verarbeiten können, hier bei uns, im Tal. Und die daraus entstandenen Produkte liefern wir ins Unterland. Mit der Ursprungsbezeichnung «Gstaad», als starke Marke.

Für das Fleisch gilt dasselbe: Ein Grossteil unserer Hotels und Restaurants serviert konventionelles Fleisch, das mit Lastwagen von Mittelland in das Saanenland gekarrt wird. Wir könnten das besser: Wir mästen unsere Tiere nicht, sondern lassen sie auf den Weiden im Saanenland natürlich aufwachsen, schlachten sie hier und verarbeiten das Fleisch hier. Zu unseren Spezialitäten.

Solche einheimischen Produkte lassen sich mit nichts in der Welt vergleichen. Weil sie authentisch sind! Sie werden und dürfen nicht billig sein, denn Premiumprodukte werden nicht wegen ihres Preises gekauft, sondern wegen ihrer Qualität und ihrer Ursprungsbezeichnung.  Und mit dem Verkauf im Unterland machen wir gleichzeitig Werbung für unsere Region. Wir sind eine Premium Region. Und dazu können und müssen wir stehen.

Wir sind kein Trend und wir sind kein Konzept, sondern wir sind wir! Die Menschen, die Landwirtschaft, der Tourismus machen ein Tal unverwechselbar und damit zu einer Marke. Die Menschen suchen Identität, auch und gerade beim Kauf von Lebensmitteln.

Ah ja: dass die Wertschöpfung nachhaltig sein muss, versteht sich von selbst.

Ah ja ja: das mit Fütterung von Soja Futter muss mir dann irgendwer noch erklären. Das verstehe ich nicht. Hätten wir genügend Gras, wenn weniger Kühe in den Ställen stünden?

Tourismus im Jahre 2037 in der Region um Gstaad

Auf der Eggli Talabfahrt hat es seit 10 Jahren keinen Schnee mehr. Die Schneekanonen aus Gstaad sind im Luzerner Verkehrsmuseum neben dem Funi. Die Jungen Saaner klopfen sich lachend auf die Schenkel, was die Alten alles unternahmen um Schnee zu erzeugen. Heute braucht niemand mehr Schnee, denn das Ressort Gstaad hat sich re- und damit organisiert.

Premium Boutique Ressort Gstaad

Man unterscheidet Arbeit und Urlaub nicht mehr. Jeder Mensch hat von überall her Zugriff auf seinen Personal Advisor. Er erledigt den Kleinkram selbständig. Er weiss, wie sein Mensch sich fühlt, was er denkt und was er braucht.

Das Boutique Ressort wird vom Resident Manager betrieben. Eine einzige Anlaufstelle reicht für Reservationen aller Art. Bei der Kontaktaufnahme erscheint auf dem Tablet eine Beschreibung der Person und ihrer Vorlieben, damit der Resident Manager innert Sekunden die Wünsche der Gäste kennt. Sie können nach Wahl in Iglus übernachten, im Stall zwischen den Kühen, im «Residenz Club» oder in einem der zehn Hotels. Die Anfahrt ist entspannend, der Personal Advisor hat alles organisiert und reserviert, individuell für jedes einzelne Familienmitglied.

Die Dating App im Bike von Teenager Samir hat er nicht vergessen. Samir hat für sich das Arrangement «into the wild» bestellen lassen. Er freut sich, dass er mit dem neuen Bike Express auf das Rellerli fahren kann. Downhill ist für ihn alles. Die sportlichen Figuren downhillender Girls sind cool, geil, mega oder was immer der Teenerslang 2037 an Superlativen zu Verfügung stellt – Gewisses bleibt halt, wie es ist.

Für Mutter Saida hat der Personal Advisor das «Sightseeing Jogging» Arrangement bestellt. Sie will halt alles auf einmal. Über die Region etwas erfahren, mit Einheimischen reden und sportlich betätigen, so kommt sie in den «Wellbeing Bonus» der Gesundheitskasse.

Samir’s Vater hat Socializing Meetings mit seiner Firma. Dank den inspirierenden Sitzungsorten im Ressort kommen die Kollegen auf allerhand neue Ideen. Am Abend sind Saida und ihr Mann am «All night Art Event» im Les Art Gstaad eingeladen. Samir hat sich an die «Survival Night» auf dem Hornberg abgemeldet.

Steigende Nachfrage nach persönlicher Betreuung

Einige der Hotels im Ressort haben sich für die Betreuung der immer älter werdenden Menschen spezialisiert. Zwei von zehn Menschen sind älter als 65 Jahre, die Nachfrage nach Ruhe, Erholung und Gesundheit ist höher denn je.

Skisport in der Zukunft

Die Bergbahnen rund um Gstaad haben eine finanzielle Sanierung hinter sich und sind nun mitten in der betrieblichen Restrukturierung. Und die tut weh.  Dies der Grund, weshalb die Gruppe Gstaad 2020plus zu einer öffentlichen Diskussion einlud.

Dr. Roland Zegg zeigte zu Beginn den grossen Wandel im Skisport auf. Er, der Skisport nicht der Zegg, steckt in einer veritablen Krise. Nicht nur in der Schweiz, sondern im ganzen Alpenraum. Seit Jahren brechen die Gästezahlen, insbesondere aus Traditionsmärkten in Europa weg, die Anzahl Skifahrer und Snowboarder ist rückläufig – ein Ende scheint nicht in Sicht.

Noch immer sind die Winterdestinationen zu stark auf den Skifahrer fokussiert und leben von Investitionen der öffentlichen Hand in Bahnanlagen, vom Gesundschrumpfen, das faktisch nicht passiert.

Im Anschluss gab es eine Publikum- und Podiumsdiskussion die von Markus Gisler geleitet wurde. Ich will hier nicht die ganze Podiumsdiskussion aufzeigen, sondern meine Gedanken zum Skisport in der Region Gstaad in der Zukunft zu Papier bringen.

Die Gemeinden geben den Bergbahnen zur Zeit einen jährlichen Beitrag von 4 Mio. (15/16 ein „bisschen“ mehr). Die letzte Auszahlung erfolgt 17/18, dann müssen die Gemeindeversammlungen der drei Standortgemeinden Saanen, Lauenen und Gsteig entscheiden, ob und wie viel Geld weiter in die Bahnen fliessen.

Meine Meinung: Ab dann müssten die Leistungen der Gemeinden an messbare Ziele und an den volkswirtschaftlichen Nutzen und Wertschöpfung geknüpft werden. Kurz: ab dann kaufen die Gemeinden Leistung von den Bahnen ein.

 (das könnten folgende Leistungen sein):

  • Sollte die BDG keine Skiabos mehr für Einheimische anbieten, bezahlen die Gemeinden die Differenz.
  • Demografische Entwicklung zeigt, dass wir immer älter werden: Die Gemeinden investieren in das ausgabefreudige Segment der Senioren. Sie werden quasi von den Gemeinden eingeladen (gratis gibt es nicht). Die Gemeinden bezahlen die Differenz. Ein Angebot, das meines Wissens noch von keinem Wintersportort angeboten wird. Nachhaltiger als die Saas Fee Aktion.
  • Kinder bis 9 Jahren werden eingeladen: Skifahren ist teuer, insbesondere für Familien. Und wenn Kiner einmal in einer Destination waren, kommen sie als Erwachsene zurück.
  • Leuchtturm auf einem Berg. ZB. Klangweg. Unsere Region wird mit klassischer Musik, Menuhin sei Dank, und Volksmusik in Verbindung gebracht. Wie wäre es, wenn wir Klangerlebnisse auf einem Berg erlebbar, hörbar machen? Zum Beispiel könnte die Geschichte des Alphorns erklärt werden, bei gleichzeitigem Hören. Oder in einen Trichter schreien um zu hören, was auf der anderen Seite rauskommt. Oder Menuhin, seine philosophischen Sätze, seine Lebenseinstellung, klassische Musik. Wieso nicht ein Pavillon in einer Waldlichtung, in welchem musiziert werden kann. Jeder kann sich hinstellen und musizieren. Ab und wann kleine Konzert. Seien die nun klassisch oder volkstümlich. Das alles verbunden mit einem Winter- Sommerwanderweg.

Denk. Anstoss.

Man bedenke, es gibt:

50 Millionen Skifahrer

80 Mio. Skateboarder

67 Mio. Fischer

90 Mio. Golfer

  • Eine Investition ergibt keine Emotion
  • Investieren wir in die Zukunft und nicht in die Gegenwart, sprich Schneekanonen. In der Schweiz muss gemäss einer Faustregel für einen Kilometer beschneibarer Piste mit Investitionen von rund 1 Million Franken und jährlichen Betriebskosten von 50‘000 – 70‘000 Franken gerechnet werden (bei einer Betriebsdauer von 110 Tagen). Eine Million Franken in die Zukunft investiert, werden zu einem Erfolgsfaktor sondergleichen.
  • Extrem wichtig: Wir in den Bergregionen müssen andere Erwerbsquellen/Arbeitsplätze mit einer Wertschöpfung erschliessen. Die Zukunft für uns Bergmenschen muss sein, dass wir vermehrt Produkte welche aus unserer Region stammen und von Menschen aus der Gegend hergestellt und gepflegt werden unseren Gästen anbieten. Wir sind damit eigenständig und niemand, auch im entferntesten aller Winkel der Welt, einfach niemand kann uns und unsere Gegend kopieren. Wir sind kein Trend und wir sind kein Konzept, sondern wir sind wir! Die Menschen, die Landwirtschaft, der Tourismus machen einen Ort unverwechselbar und damit zu einer Marke.
  • Neue Angebote wie:
    • Bike Wochen im Dezember. Alle Angebote müssen flexibler werden.
    • Eisfischen am Arnensee mit Schneeschuhwanderung. Begleitet von Robert Speth mit Anleitung wie der Fisch zubereitet wird. An Ort und Stelle oder im Chesery.

Im Zuge der betrieblichen Sanierung schliesst das Rellerli am 1. Januar 2019 für immer. Der Unmut in der Bevölkerung ist gross, denn ein fantastischer Berg geht verloren. Schauen wir lieber in die Zukunft als in die Vergangenheit, denn, einen fantastischen Berg kriegen wir verkehrsfrei zurück:

 

Rellerli, der Berg wo Milch und Honig fliesst

  • Blumen in Hülle und Fülle, Wacholder, Heidelbeeren, Pilze
  • Das authentische: die zehn Alpen in der Region Rellerli in welchen der berühmten Saaner Hobelkäse produziert wird

Das Rellerli bringt Dich auf Touren

  • Wir haben einen «freien Berg» auf welchem wir GEHdanken haben dürfen bei Skitouren und Schneeschuhwanderungen (Schönried bis Wannehörnli weiter Saanenmöser).

„….. Es ist doch so: Nur wer sein Chuewägli auch mal verlässt, entdeckt Neues, hinterlässt Spuren und bewegt etwas. Dem Saanenland tun neue Ideen gut. Also kitzeln wir die Kuh, damit sie die Milch sprudeln lässt…..“

Gstaad Palace rockt

Peter Wyss und Hugo Weibel buchen Vollpension. 

1971: Verbot der Zigarettenwerbung im Fernsehen in den USA. Gnägi wird Bundespräsident derweil sich die Österreicher mit Kreisky rumschlagen. Rolls-Royce meldet Konkurs an. Frazier schlägt Ali nach Punkten und der Peter Wyss trat seine Stelle als Koch im Hotel Palace an. 7 Jahre später übernahm er die Leitung der bis zu 60 Mitarbeiter umfassenden Brigade. Hugo Weibel war seit 1976 mit einem Unterbruch im Palace. Am 3. März 2017 organisierte Besitzerfamilie Scherz eine grossartige Farewell Party für ihre scheidenden Küchenchefs. Gnägi, Kreisky, Frazier und Ali sind in die ewigen Jagdgründe entflohen und Peter Wyss und Hugo Weibel nehmen ihren Hut und buchen Vollpension.

Lobeshymne auf das Gstaad Palace:

Was der Eifelturm für Paris, ist das Palace für Gstaad. Seit dem Bau 1913 gehört das Palace zu Gstaad und Gstaad zum Palace. Geführt von der dritten Generation Scherz. Aus selbst erarbeitenden Mitteln wird ständig und feinfühlig investiert. Das Palace thront zwar über Gstaad, ist aber alles andere als abgehoben. Familie Scherz war seit jeher besorgt, dass es auch der Region Gstaad gut geht.  Bestes 5* Haus in den Alpen. Für mich. Die Halle war am 3. März bis nach 24.00h pumpenvoll. Fellini pur. Ein bunter Mix von Jeunesse Dorée bis Dorothe. Alle gut gekleidet. Elegant die einen, Dandy mässig die anderen. Fümoir gediegen mit Blick auf Gstaad. Greengo knallvoll mit gutem Bass. Ausgelassene friedliche Stimmung. Das Palace rockt.

…. Leading User of the World …

Wie schrieb Karl Kraus: „Ich schnitze mir den Gegner nach meinem Pfeil zurecht.“

Letzten Oktober besuchte mich Familie Kraus im Bernerhof. Herr Kraus ist ein „… Leading User of the World …“. Er recherchiert und bewertet alle Hotels in denen er absteigt. Und das sind nicht wenige. Arrangiert hat den Besuch von Familie Kraus Andreas Güntert, Journalist u.a. bei der Handelszeitung. Daraus entstand dieses Interview. Ein kleiner Auszug:

Wie viel Zeit investieren Sie für Ihre Reise-Recherchen, Herr Kraus?

Kraus: Wenn ich eine bis zwei Wochen verreise, setze ich mich vorher für die Planung ein paar Abende an den Rechner. Bei einer grösseren Destination schaue ich mir in der Regel die besten zehn Hotels an, im Fall von Dubai können es auch mal dreissig sein. Es ist also gut möglich, dass ich sechzig und mehr Bewertungen lese.

Frei: Was machen Sie denn eigentlich so beruflich? Buchhalter vielleicht?

Kraus: Ich bin in der Finanzbranche tätig.

Frei: Ah, ein Kontrollfreak.

Kraus: Ich mache das nicht wegen der Kontrolle. Ich möchte einfach meine jährlich lediglich 28 Ferientage bestmöglich nutzen. Da wende ich lieber vorher etwas Zeit auf, um sicherzustellen, dass ich nicht an suboptimalen Orten absteige.

Ich bin ja weiss Gott kein Freund von dieser Bewertungs-Mania. Alle meinen jeden und alles bewerten zu müssen. Aber die Begegnung mit Herrn Kraus war super. Er gibt sich allerhand Mühe mit den Bewertungen. Sie sind fundiert und geben den Lesern von den Portalen einen Mehrwert.

Trotzdem bleibe ich dabei, dass bei einem persönlichen Gespräch mit dem GastgeberIn ein Mehrwert für beide herausschaut. Es gibt ab und wann Gründe weshalb man zum Beispiel eine Dienstleistung nicht anbietet. Was ist besser, zehn Hero Konfitüren auf dem Buffet oder vier hausgemachte Konfitüren? Und Honig von der Region oder vier 0815 Honigsorten? X-Badezusätze in kleinen Flaschen, kleine Seifen und was weiss ich noch alles oder eine Körpercreme und Seife (die biologisch abbaubar ist) von Soglio in einer Nachfüllflasche, welche mit verschiedenen Kräutern aus den Bergen von Einheimischen hergestellt wird und so für Arbeitsplätze mit einer nachhaltigen Wertschöpfung in einer Bergregion sorgt? Das alles kann in einem persönlichen Gespräch er- und geklärt werden.

Aber klar, wir, die Gastgeberzunft kommen mit den Bewertungen zu recht. Wir haben uns arrangiert und wir leben damit.

Übrigens, Herr Kraus bewertete den Bernerhof mit der Note 6  😉 

Rückwärtsgestülpt. Dazu ein Blick ins 2036.

Auszug aus meinem diesjährigen Bernerhof Geschäftsbericht.

November 1996

In der Schweiz wird noch Weisswein getrunken und Jean-Pascal Delamuraz wird zum zweiten Mal Bundespräsident. Bill Clinton wird als Präsident der vereinigten Staaten wiedergewählt. Ein gewisser Donald Trump gratuliert einer gewissen Miss Universe Alicia Machado zum Titel. An einem Tag im Herbst um 08.00 Uhr Arbeitsbeginn einer gewissen Claudia und Thomas Frei im Bernerhof zu Gstaad. 08.15 Uhr verlässt Leonz Blunschi mit zwei Bananenschachteln das Büro. «Bei Fragen ruft an», sagt er unter dem Türrahmen.  Am dritten Wochenende des Monats eröffnet das Eggli die Talabfahrt.

November 2016

Hillary trumpiert sich und zieht mit ihrem Ex-Präsidenten Bill nicht ins Weisse Haus ein. Dafür Donald. Alicia Machado ist was weiss ich wo. Delamuraz auch. Weisswein gibt’s noch immer in der Schweiz. Die Eggli Talabfahrt ist grün. Thomas Frei packt seine Bananenschachteln und ruft seiner Frei Frau unter dem Türrahmen zu: «Küss die Hand gnädige Frau». Er ist jetzt postoperativ, gewissermassen, widmet sich künftig als Delegierter des Verwaltungsrates den Finanzen und dem Marketing. Dazu ist er im Rat der rastlosen der Gemeinde Saanen.

Dazwischen….

…. investierten wir rund 8 Millionen Franken in den Bernerhof. 1 Million in den Umbau des Hallenbades, 4,3 Millionen in Zimmer. 1,2 Millionen in das Basta, 820’ in die Renovation der beiden Mitarbeiterhäuser und den Rest in diverse Umbauten. Gleichzeitig amortisierten wir 3 Millionen. Wir hatten rund 380’000 Logiernächte in diesen zwanzig Jahren, was eine durchschnittliche Bettenauslastung über das Jahr von 59 % ergibt, ein paar Schliessungstage mit eingerechnet.

Hotelier sein hat sich in den letzten zwanzig Jahren drastisch verändert. Die Ansprüche der Gäste sind gestiegen und die Zahlungsbereitschaft gesunken. Sie vergleichen die Häuser auf Portalen, die man 1996 nicht einmal vom Hörensagen kannte. Hotels werden von allen Seiten bewertet. Hoteliers auch.

bernerhof-fraufrei-5060_kleinBrigitte ist die Bernerhof Gastgeberin

Seit 1999 ist der Bernerhof ISO zertifiziert. Er war ISO zertifiziert. Im letzten Jahr haben Miriam Hunziker, Brigitte unter der Leitung von Hans Peter Reust und allen bernerhöflichen Mitarbeitenden ein neues Prozess Management aufgebaut. Alles für den Gast. Weg von ISO-Risiko-denken. Es ist alles klar strukturiert damit unsere Mitarbeitenden wissen, wann sie was wo wie zu machen haben. Und Brigitte kann sich dem Gas(t)gebern widmen.

November 2036

Clinton kennt niemand mehr. Trump hat sich mit seinen Missen in die ewigen Jagdgründe katapultiert. Die Schweiz ist dem neuen, europäischen Wirtschaftsraum beigetreten, der nach dem Vorbild der Schweiz aufgebaut wurde. Blocher dreht sich im Grab.

Tourismus gibt es in der heutigen Form nicht mehr

Auf der Eggli Talabfahrt hat es seit 10 Jahren keinen Schnee mehr. Die Schneekanonen aus Gstaad sind im Luzerner Verkehrsmuseum neben dem Funi. Die Jungen Saaner klopfen sich lachend auf die Schenkel, was die Alten alles unternahmen um Schnee zu erzeugen. Heute braucht niemand mehr Schnee, denn das Ressort Gstaad hat sich re- und damit organisiert.

Premium Boutique Ressort Gstaad

Man unterscheidet Arbeit und Urlaub nicht mehr. Jeder Mensch hat von überall her Zugriff auf seinen Personal Advisor. Er erledigt den Kleinkram selbständig. Er weiss, wie sein Mensch sich fühlt, was er denkt und was er braucht.

Das Boutique Ressort wird vom Resident Manager betrieben. Eine einzige Anlaufstelle reicht für Reservationen aller Art. Bei der Kontaktaufnahme erscheint auf dem Tablet eine Beschreibung der Person und ihrer Vorlieben, damit der Resident Manager innert Sekunden die Wünsche der Gäste kennt. Sie können nach Wahl in Iglus übernachten, im Stall zwischen den Kühen, im «Residenz Club» oder in einem der zehn Hotels. Die Anfahrt ist entspannend, der Personal Advisor hat alles organisiert und reserviert, individuell für jedes einzelne Familienmitglied.

Die Dating App im Bike von Teenager Samir hat er nicht vergessen. Samir hat für sich das Arrangement «into the wild» bestellen lassen. Er freut sich, dass er mit dem neuen Bike Express auf das Rellerli fahren kann. Downhill ist für ihn alles. Die sportlichen Figuren downhillender Girls sind cool, geil, mega oder was immer der Teenerslang 2036 an Superlativen zu Verfügung stellt – Gewisses bleibt halt, wie es ist.

Für Mutter Saida hat der Personal Advisor das «Sightseeing Jogging» Arrangement bestellt. Sie will halt alles auf einmal. Über die Region etwas erfahren, mit Einheimischen reden und sportlich betätigen, so kommt sie in den «Wellbeing Bonus» der Gesundheitskasse.

Samir’s Vater hat Socializing Meetings mit seiner Firma. Dank den inspirierenden Sitzungsorten im Ressort kommen die Kollegen auf allerhand neue Ideen. Am Abend sind Saida und ihr Mann am «All night Art Event» im Les Art Gstaad eingeladen. Samir hat sich an die «Survival Night» auf dem Hornberg abgemeldet.

Steigende Nachfrage nach persönlicher Betreuung

Einige der Hotels im Ressort haben sich für die Betreuung der immer älter werdenden Menschen spezialisiert. Zwei von zehn Menschen sind älter als 65 Jahre, die Nachfrage nach Ruhe, Erholung und Gesundheit ist höher denn je.

Volkswirtschaft

Es wird nur noch so viel Milch gewonnen, wie im Tal verarbeitet werden kann. Die in den zwanziger Jahren aufgebaute Fleischproduktion wird mit Gewinn in die ganze Schweiz und ins benachbarte Ausland verkauft. Ein echter Exportschlager.

Gemeinderat Saanen: 19 Kandidaten für 8 Sitze, 7 Fragen und 133 Antworten

Gemeinderat Saanen: 19 Kandidaten für 8 Sitze, 7 Fragen und 133 Antworten

Im Anzeiger von Saanen wurde die Kandidierenden für den Gemeinderat mit den 7 gleichen Fragen konfrontiert. Meine Antworten finden Sie hier.

Lieber gestalten als gestaltet zu werden

Bernerhof-Hotelier Thomas Frei kandidiert bei den kommenden Wahlen als Gemeinderat. Zu seinem Kernthema Tourismus bezieht der Freisinnige Position im Gespräch mit dem Präsidenten des Hoteliervereins Gstaad-Saanenland Christian Hoefliger, parteilos, sowie Jacqueline Jaggi, einer politisch interessierten Bürgerin und Mitglied der BDP.

jenny sterchi

Das Interview als .pdf download

Thomas Frei, wieso kandidieren Sie für den Gemeinderat, haben Sie zu wenig zu tun als Hotelier?

Thomas Frei (TF): Definitiv nicht. Aber im Gemeinderat braucht es einen Touristiker. Und ich habe Freude am Saanenland und würde es gerne mitgestalten. Lieber gestalten als gestaltet zu werden. Zeitlich kann ich das machen. Ab November werde ich im Bernerhof nicht mehr operativ tätig sein. Nur noch strategisch. Brigitte übernimm die Leitung vom Hotel. Als Gemeinderat braucht man erfahrungsgemäss ein Arbeitspensum von etwa zwanzig Prozent.

Jacqueline Jaggi (JJ): Erfahrungsgemäss?

TF: Ich war ein paar Jahre lang Gemeinderat in Pontresina und verantwortlich für das Departement „Gemeindeeigene Bauten“. Dazu gehörten Schulen, Gemeindehaus, Hallenbad, ein Hotel und eine Jugendherberge.

JJ: Bist du denn genug teamfähig für einen Gemeinderat?

Christian Höfliger

Christian Höfliger

Christian Hoefliger (CH): Das ist er. Ich war mit ihm sieben Jahre im Vorstand des Hoteliervereins. Er hat Meinungen, vertritt diese, kann hart diskutieren und ist dabei aber immer lösungsorientiert. Zudem sehr erfahren, denkt über den Tellerrand und ist eben ein Macher. Ohne Frage eine Bereicherung für jedes Gremium.

TF: Ich denke es auch. Aber das war nicht immer so. Zu merken, dass man die anderen von der eigenen Idee einfach nicht überzeugen kann, das ist nicht einfach. Niederlagen anzunehmen musste ich auch lernen.

JJ: Was passiert, wenn Du nun nicht gewählt wirst?

TF: Dann werde ich Hotelier. Nein, im Ernst: Eine Nichtwahl wäre kein Weltuntergang. Aber mein Ziel ist natürlich, dass ich gewählt werde.

Es fällt auf, dass mit Michael Wichmann ein weiterer Hotelier kandidiert. Haben die bisherigen Gemeinderäte ihre Arbeit aus Perspektive des Tourismus nicht gut gemacht, dass sich gleich zwei Hoteliers empfehlen?

TF: Ich kann nur für mich sprechen, und für mich ist klar, dass es im Gemeinderat einen Hotelier braucht.

CH: Ja, die Durchmischung ist ganz, ganz wichtig. Jeder bringt richtigerweise seine Perspektive mit, der Bauer im Gemeinderat betrachtet die Geschäfte aus dem Blickwinkel der Landwirtschaft, der Hotelier sieht die touristischen Aspekte.

TF: Und die sind zentral im Saanenland. Der Tourismus erarbeitet 50 Prozent unserer Wertschöpfung. Wenn es den Hotels und Restaurants gut geht, geht es der Region gut.

CH: Hotellerie und Gastronomie sind die Magnete, die versuchen, die Gäste in die Region zu ziehen. Dabei sind sie aber auf eine intakte Landwirtschaft angewiesen, die mit ihrer wunderbaren Landschaftspflege für die Gäste ein unglaubliches Erlebnis für Auge und Seele bieten. Den Spielraum für die Zusammenarbeit haben diese zwei Branchen aber noch nicht ausgeschöpft.

Jaqueline Jaggi

Jaqueline Jaggi

JJ: Soll das heissen, dass aus jedem Schüürli ein Restaurant werden sollte?

CH: Nein, sondern das wir gemeinsam mehr Möglichkeiten haben, das zu bieten, was Gäste suchen und wünschen.

TF: Und wenn wir diese Möglichkeiten nützen, dann wird das Angebot vielfältiger und spricht mehr und unterschiedlichere Gästesegmente an.

Braucht das Saanenland so viele Grossevents wie es im Moment hat?

TF: Unbedingt. Andere Regionen beneiden uns darum. Einzigartig ist ja, wie tief diese Anlässe hier verwurzelt sind. Die meisten gehen auf Initiative von Einheimischen zurück, haben sich aus kleinen Anfängen heraus zu grossartigen Anlässen entwickelt. Das sind keine Marketingprodukte, die man irgendwohin verschieben kann. Die sind langsam und organisch gewachsen und stark verankert. Diese Grossevents tragen viel zur Wahrnehmung unserer Region bei.

CH: Sie sind wichtige Imageträger für das Renommee unserer Destination. Und sie generieren viele Erstfrequentierungen. Die Leute besuchen einen Anlass und lernen uns so überhaupt erst kennen. Sie essen und trinken, kaufen ein, gönnen sich etwas und bringen Wertschöpfung. Und damit sie wiederkommen, ist es wichtig, immer mal wieder Neues zu initiieren. Am besten gemeinsam, dann können nachher auch alle am Erfolg teilhaben.

JJ: Der Saaner sagt nicht «nein» zu neuen Ideen. Und bis heute ist er damit gut gefahren.

Welche Bedeutung kommt der Landwirtschaft und der gelebten Kultur zu?

TF: Das ist unsere DNA, auf der alles aufbaut. Tal und Berge, Einwohner und Produkte aus dem Saanenland sind einzigartig, ein Gesamtbouquet das man nicht verschieben und nicht kopieren kann. Wir müssen gar nicht zu weit suchen, sondern uns einfach auf das besinnen, was wir haben und sind, und genau das für unsere Gäste erlebbar machen. Ungekünstelt und echt.

Haben Sie eine konkrete Idee?

TF: Eine Alpkäserei zum Beispiel, die den Wanderern und Gästen offensteht. Oder Möglichkeiten, das Menuhin Festival auch ausserhalb der Festivalwochen erlebbar zu machen. Warum nicht mit einem unverwechselbar gestalteten Klangweg auf einem unserer Berge. So könnten wir auch die Bergbahnen einbinden. Wir haben viel und können viel. Und das müssen wir verstärken und erkennbarer machen.

CH: Viele Leute haben das Gefühl, die Welt würde immer verrückter, und sie suchen vermehrt das Echte, das Ursprüngliche. Wir können hier tatsächlich Einmaliges bieten.

Welcher Motor treibt die Region an: Die Hotellerie, die Landwirtschaft oder das Gewerbe?

TF: Alle drei. Wir sind quasi ein Dreizylinder. Und der Motor brummt nur wenn jeder einzelne Kolben arbeitet. Die Landwirtschaft ist tief verwurzelt und hat noch Potential. Das Gewerbe ist sehr gut vertreten und arbeitet qualitativ hochwertig, ebenso Gastronomie und Hotellerie.

CH: Der Motor könnte noch leistungsfähiger werden. Das bedingt sinnvolle Regulierungen wie beispielsweise die Hotelzone. Und es bedingt offene und klare Kommunikation zwischen den einzelnen Bereichen. Man muss sich auch zuhören können und eben auch mal fragen: Was braucht ihr? Was können wir für euch tun?

Braucht es eine Tourismusorganisation wie den GST noch oder wird das Marketing zur Sache der Hotels, der Events und der Bergbahnen?

Thomas Frei

Thomas Frei

TF: Eine Organisation wie GST ist nötig als zentrale Schaltstelle. Sie ist verantwortlich für den Zusammenschluss aller Ressourcen der Destination und für die Corporate Identity der Region, also für das einheitliche Erscheinungsbild als Marke. Die Diskussionskultur zwischen GST und den einzelnen Dienstleistern könnte aber besser sein. Etwas mehr Kritikfähigkeit wäre hilfreich.

CH: Die Informationsstellen des GST, die heute vielfach untergebracht sind in kleinen Geschäften der Dörfer, sind aber richtig und auch im Zeitalter des Internets noch wichtig. Auch da geht es eben um Authentizität und Werte, welche die Menschen anderswo nicht mehr finden. Das ist also sehr wichtig für unser Produkt. Das Modell GST ist unabdingbar in seiner Existenz und bedingt aber die Mithilfe und das Gefühl für die Mitverantwortung aller involvierten Kräfte.

Wie hat sich der Tourismus aus Sicht der Hotellerie in den letzten 20 Jahren verändert?

TF: Der Gast kann heute vergleichen. Er will mehr Leistungen zu einem tieferen Preis. Hotelier zu sein ist heute anspruchsvoller als früher. Die Buchungen sind kurzfristiger, die Aufenthalte sind kürzer. Der Gast ist nicht mehr so treu wie früher. Man muss als Gastgeber flexibel sein.

JJ: Die familiengeführten Hotels werden weniger. Früher gehörte zu jedem Fünf-Sterne-Hotel unserer Region ein Gesicht, ein Familienname, und es war leichter, einen Bezug zu den jeweiligen Hotels herzustellen. Aber ich beobachte heute mit Freude, wie die Hoteliers im Saanenland zusammenarbeiten.

CH: Die Gästefrequenzen sind weniger selbstverständlich als früher. Der Kostendruck steigt, die Marge ist tiefer, die Preise sinken tendenziell. Und das bei steigenden Ansprüchen, genau wie Thomas sagt. Da geraten Betriebe schon in Versuchung, Dumpingpreise anzubieten und einen Preiskampf auszulösen. Es ist aber wichtig zu erkennen, das unser heutiges Preisniveau eine Errungenschaft der Vergangenheit ist. Wichtig für die Investitionsfähigkeit der Betriebe müssen wir es pflegen und Sorge dazu tragen.

Kann die traditionelle Hotellerie angesichts neuer Angebote wie Airbnb oder aufgerüsteter Jugendherbergen überleben?

TF: Hotels wird es immer geben, aber in vielfältigeren Formen. Das erkennt man an manchen neuen, günstigen aber dennoch coolen Konzepten in den Städten.

CH: Das Konsumverhalten ändert sich. Eben auch aufgrund von Übernachtungsformen wie Airbnb. Das ist kein Vorwurf, das ist einfach die Entwicklung. Die Wertigkeit des Übernachtens nimmt ab, viele Gäste sind nicht mehr bereit, angesichts der zahlreichen günstigen Alternativen mehr Geld für die Unterbringung auszugeben.

Lässt sich ein Hotel ohne Quersubventionierung und unabhängig künftig noch führen?

CH: Ich glaube ja. Der Hotelier ist aber maximal gefordert, das für den Betrieb und Investitionen nötige Geld aus dem Cash-Flow zu erwirtschaften, wenn er die nächste Finanz- oder Wirtschaftskrise überstehen und konkurrenzfähig bleiben will.

TF: Dass es mit einem Mäzen etwas bequemer ist, ein Hotel zu führen, schleckt keine Geiss weg. Und die Hotellerie ist für Mäzenatentum eine perfekte Branche. Ein eigenes Hotel vorweisen zu können ist cool. Ein Mäzen sollte nur nicht vergessen, dass sein Haus einen Spirit braucht, eine Seele, eine bedingungslose Identifikation der Gastgeber und Mitarbeiter – also dasselbe was auch eine Destination braucht. Die Identifikation ist das Schlüsselkriterium, und die kann man nicht kaufen.

Man hört regelmässig Klagen, in der Zwischensaison hielten die Detaillisten ihre Geschäfte zu selten offen…

TF: Für einen Ganzjahrestourismus brauchen wir geöffnete Bergbahnen und Geschäfte, keine Frage. Wenn ein Zylinderkolben ruht, dann läuft der Motor schlecht. Im Saanenland ist ein Ganzjahrestourismus möglich. Andere und vergleichbare Regionen schaffen das auch. Und Trümpfe haben wir einige.

CH: Es gibt nichts Schlimmeres als eine «geschlossene» Destination in der Zwischensaison. Der Hotelierverein kann die einzelnen Hotels in der Region natürlich nicht zwingen, ihre Häuser das ganze Jahr offen zu halten. Ein Ganzjahresbetrieb fordert den Hoteliers viel Kraft und Ausdauer ab. Aber wir müssen alles dafür tun.

JJ: Ich glaube, die Einheimischen sind vom reduzierten Betrieb der Detaillisten wenig betroffen. Die Molkereien, Bäcker und Metzger in der Region haben das ganze Jahr über zu den üblichen Zeiten offen, soweit ich weiss.

Nicht alle Architekturen grosser Hotels passen in die Landschaft, in der sie stehen. Wie wichtig scheint Ihnen ein striktes Baureglement mit Chaletstil?

CH:  Sehr wichtig. Das strikte Baureglement ist zusammen mit der wunderschönen Natur das wahrscheinlich grösste Kapitale der Region. Ich finde allerdings nicht, dass irgendein Hotel eine «Bausünde» ist. Ich finde sie alle wunderschön und passend.

TF: Absolut.

JJ: Ich denke, bei den neu gebauten Häusern darf ruhig auch mal etwas gewagt werden, solange sie sich an Bestehendes anpassen.

Ein Wort zu Les Arts: Ist es ein top Projekt oder überrissen, genial oder utopisch?

TF: Ein grossartiges Projekt mit einer «Leuchtturm»-Funktion. Les Arts Gstaad passt perfekt in unsere Region und eröffnet Wege in die Zukunft. So zentral wie es im Dorf eingebettet ist werden Einwohner und Gäste unmittelbar Teil des Kulturgeschehens. Wir schaffen einen wunderbaren Konzertsaal, der die musikalischen Anlässe auf top Niveau noch tiefer verankert. Er wird zur Spielwiese für Neues, ermöglicht Hoteliers längere Saisons und bringt damit allen Branchen mehr Wertschöpfung.

CH: Ich halte es für eine einmalige Chance, die uns richtigerweise aus unserer Komfortzone lockt.

JJ: Die Lage ist vielversprechend und das Konzept und die Herangehensweise halte ich für sehr professionell.

Welche Themen wären im Gemeinderat sind für Sie dringlich, Thomas Frei?

TF: Wir sollten eine «grosse Gemeinde» als Legislative ins Auge fassen. Und einen Gemeindevorstand, der nicht mehr nach Partei gewählt wird, sondern nach Interessengruppen: Tourismus, Landwirtschaft und Dienstleister wie Gewerbe, Banken und so weiter. Damit würden wir weniger Energie verschwenden für Parteigeplänkel. Wir hätten einen freieren Blick auf das Ganze und könnten besser fokussieren, nicht zuletzt auf die finanzielle Situation der Gemeinde.

CH: Das ist ein entscheidender Punkt. Überschüsse müssen wir jetzt auf die Seite legen – die Zeiten werden rauer! Und wir müssen am Reglement zur Hotelzone festhalten und vor allem auch umsetzen. Ein echtes Standortmarketing würde uns helfen, die Wertschöpfung im Saanenland zu behalten und auszubauen.

Bergbahnen, Events und Landwirtschaft sind subventioniert. Sollten nicht auch die Hotels Geld von der Gemeinde erhalten?

TF: Wir wollen keine Subventionen sondern gute Rahmenbedingungen. Wir brauchen Bergbahnen, die laufen, um unsere Hotelbetriebe auszulasten. Und eine Gemeinde die zu unserer Hotelzone steht und für die Einhaltung derer eintritt. Sonst werden die Hotels irgendwann zu Luxuswohnungen umgenutzt, wie in St. Moritz.

Wo stehen die Bergbahnen wirtschaftlich?

TF: Wir müssen daraufhin arbeiten, dass sie operativ Geld verdienen. Dafür müssen wir dem Gast etwas bieten. Einfach nur Berg zu sein reicht nicht, wir müssen jeden einzelnen Berge positionieren. Jeder soll den Gast auf seine Weise interessieren und begeistern können. Und der Gast muss wissen, auf welchem Berg ihn was erwartet. Die Bergbahnen müssen nachhaltig arbeiten. Langfristige Umweltverträglichkeit ist wichtiger als kurzfristige Zielsetzungen. In Zeiten des Klimawandels bloss über Schneekanonen nachzudenken bringt uns kaum weiter. Wir sollten auf kreative Alternativen fokussieren.

CH: Gegen den Klimawandel können wir als Destination wenig ausrichten. Aber wir können neue Geschäftsfelder – auch für die Bergbahnen – suchen und sie bei uns etablieren. Heute schon.

Haben wir in der Region zuviele Bergbahnen?

TF: Nein. Aber die Berge sind zu verwechselbar. Wir müssen die Angebote vielfältiger gestalten und klarer positionieren. Der Gast will nicht sieben Tage lang auf den gleichen Berg.

Herr Frei, sie sind aktiver Internet-Blogger, Facebook-Nutzer und Instagrammer. Setzt man im Saanenland zu wenig auf die neuen Medien?

TF: GST nutzt die neuen Medien, aber ein Konzept zu erkennen fällt mir schwer. Ihr Einsatz müsste besser orchestriert sein, ein Content Manager müsste gezielt vorgeben, wann zu welchem Thema was mitgeteilt wird. Ein gedrucktes Medium braucht ja auch einen Chefredaktor, der die Fäden in der Hand hält.

Sie wollen im Gemeinderat mit dem Blickwinkel des Hoteliers die Zukunft des Saanenlandes mitgestalten. Wie sieht die aus?

TF: Ein Beispiel: Wir haben im Saanenland zu viel Milch und zu wenig einheimisches Fleisch. Die Zukunft könnte sein, dass ein paar Bauern von der Milchwirtschaft zur Fleischproduktion wechseln. Saanenländer Fleisch statt Massenware, Spezialitäten. In den guten Hotels fänden die Bauern dankbare Abnehmer, ihre Gäste suchen das Besondere, und hier bekämen sie es. Auch die Grossverteiler könnten mitmachen, wenn sie wach sind. Von der Region für die Region – das ist gefragt. Wenn man sich anschaut, wie clever das Appenzellerland Spezialitäten entwickelt und positioniert. Die sind nicht mehr nur lokale Werbeträger, die tragen ihre Region ins Land hinaus.

Würde bei einer solchen Umstellung von Milch auf Fleisch das Risiko einfach beim Bauern hängen bleiben, der den Schritt wagt?

TF: Wir könnten einen Fond gründen, der Landwirte unterstützt, die ihre Betriebe umstellen wollen. Wichtig ist, dass wir in der Region produzieren und die Wertschöpfung hier behalten und hier ausweiten.

Entspricht die neue «touristische Destinationsstrategie» des Saanenlandes Ihren Vorstellungen?

TF: Sie ist ein Anfang. Man hat viele Leute miteinbezogen, und grosse Gremien bringen selten grosse Würfe hervor. Effektiver wäre vermutlich eine kleine Kerngruppe kompetenter Leute. Gute Analytiker und kreative Köpfe, die um die Ecke denken können. Sie können Konkretes zustande bringen, das zu einem Teil des regionalen Selbstverständnisses heranwächst.

CH: Der Anfang ist gemacht mit der Strategie.  Die vielen Interessenvertreter haben die Bedeutung des Miteinanders definiert, ihre Verantwortung erkannt. Wir brauchen doch zwingend ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Flugrichtung. Wichtig ist nun, etwas Greifbares damit umzusetzen und zu verbessern.

Züneweid

Züneweid

Sie sprechen von nachhaltig hergestellten Produkten aus der Region. Passen da China-Restaurants, Sushi-Bars und luxuriöse Gourmet-Anlässe wie Saveurs ins Konzept?

TF: Ein gutes Beispiel. Die Saveurs-Anlässe fanden und finden dieses Jahr fast ausschliesslich im Freien statt. Franz Wiget hat auf unserer Alp Züneweid gekocht, ohne Strom und über dem Holzfeuer. Für 32 Gäste hat er ein Gourmetmenu gekocht mit Produkten aus seiner Heimat Schwyz. Dass Genuss und Authentizität Gegensätze sind, ist ein Klischee. Das lässt sich kreativ verbinden. Wir sind und bleiben eine Genussregion.