Archiv für ‘Geniesser und Genüsse’ Kategorie

Der neue GaultMillau Jahrgang

Heiko Nieder

 

Hurra, die Schweiz klatscht und jubiliert. Der neue GaultMillau ist, vergangenen Montag erschienen. Es scheint mir auf den ersten Blick ein guter Jahrgang zu sein.  Ein neuer 19-Punkte Koch bekommt die Schweiz nicht alle Jahre. Dazu wurde er „Koch des Jahres“. Der Heiko Nieder.

 

 

 

Sommelière Anna Lena Junge

 

Entdeckt haben Tester im Schloss Schauenstein die Sommelière des Jahres. Nämlich Anna Junge, die neue Powerfrau im Team von Caminada. Das schreibt GaultMillau über Junge: «Ein «Sommelier des Jahres» mit Leidenschaft und beeindruckendem Wissen. Sie kennt sich in der Bündner Herrschaft genauso gut aus wie in der internationalen Weinwelt und überrascht ihre Gäste immer wieder mit ihren Entdeckungen. Anna ist neben Nathalie Ravet (Vufflens-le-Château VD) die zweite Frau in der ersten Liga.»

Ich erhebe das Glas und stosse auf Anna Junge an. Bravo.

 

In eigener Sache.

Während meiner Midlife-Crisis meinte ich, ich müsste um Häuserecken keuchen und Stadtmarathon um Stadtmarathon seckeln. Naja war ja okay. Aber mein Hobby welches ich seit meinem sechzehnten Altersjahr habe, ist Essen. Bei den mit neunzehn Punkten dekorierten Kochgöttern schlemmte ich ebenso wie bei den meisten achtzehn Benoteten. So habe ich in eigener Recherche, mit eigenem Geld bei einem Koch gegessen, welchen ich zu meinem ganz persönlichen Koch des Jahres kröne. Nämlich Romain Pillereau aus der Pinte des Mossettes  in Cerniat.

Aktuell serviert er ein Wild Menü. Schweizweit werden wohl nur wenige Wild Menüs in dieser Qualität zu finden sein. Das Pithiviers mit Foie gras mit der sensationellen Sauce Périgueux war himmlisch. Von der Terrine und dem Hasen „Royale“ will ich gar nicht erst schreiben. Einfach grossartig was Pillereau und sein Team auf die Tische zaubern. 

Alles, einfach alle Gänge überzeugten durch einen Geschmack der fadengrad auf den Punkt des jeweiligen Produktes gebracht wurde. Kein Schnörkel nichts war zu viel. 

Gehet hin und geniesst. Reservation unerlässlich.

 

Gstaad Palace rockt

Peter Wyss und Hugo Weibel buchen Vollpension. 

1971: Verbot der Zigarettenwerbung im Fernsehen in den USA. Gnägi wird Bundespräsident derweil sich die Österreicher mit Kreisky rumschlagen. Rolls-Royce meldet Konkurs an. Frazier schlägt Ali nach Punkten und der Peter Wyss trat seine Stelle als Koch im Hotel Palace an. 7 Jahre später übernahm er die Leitung der bis zu 60 Mitarbeiter umfassenden Brigade. Hugo Weibel war seit 1976 mit einem Unterbruch im Palace. Am 3. März 2017 organisierte Besitzerfamilie Scherz eine grossartige Farewell Party für ihre scheidenden Küchenchefs. Gnägi, Kreisky, Frazier und Ali sind in die ewigen Jagdgründe entflohen und Peter Wyss und Hugo Weibel nehmen ihren Hut und buchen Vollpension.

Lobeshymne auf das Gstaad Palace:

Was der Eifelturm für Paris, ist das Palace für Gstaad. Seit dem Bau 1913 gehört das Palace zu Gstaad und Gstaad zum Palace. Geführt von der dritten Generation Scherz. Aus selbst erarbeitenden Mitteln wird ständig und feinfühlig investiert. Das Palace thront zwar über Gstaad, ist aber alles andere als abgehoben. Familie Scherz war seit jeher besorgt, dass es auch der Region Gstaad gut geht.  Bestes 5* Haus in den Alpen. Für mich. Die Halle war am 3. März bis nach 24.00h pumpenvoll. Fellini pur. Ein bunter Mix von Jeunesse Dorée bis Dorothe. Alle gut gekleidet. Elegant die einen, Dandy mässig die anderen. Fümoir gediegen mit Blick auf Gstaad. Greengo knallvoll mit gutem Bass. Ausgelassene friedliche Stimmung. Das Palace rockt.

Kurz mal unterwegs

Mit Leandro, meinem Sohn, besuchte ich unsere Lieblings-Beiz, das Schiff in Mamern. Ein Hammer Restaurant. Das Haus wurde im 18. Jahrhundert erbaut und wird seither von Familie Meier mit gelebter Gastfreundschaft bewirtet.

IMG_8762Die Produkte die auf die Teller kommen sind von allerbester Qualität. Kein Wunder, sind doch die meisten aus eigener Produktion, Jagd oder Fischerei. Wir aßen zum Beispiel einen fangfrischen, gebackenen Hecht. Was für eine Wucht. Dazu hausgemachte Mayonnaise und Salzkartoffeln. Grossartig. Als Hauptgang vertilgten wir ein Güggeli aus eigener Zucht mit hausgemachten Pommes. Was für ein Genuss! Wem der Sinn nach Dessert steht, bestellt die hausgemachte Glace (mein Lieblingsaroma Schoggi), Linzertorte oder Meringue.

Frühstück Schiff MammernWer nicht mehr nach Hause fahren will, dem stehen 7 schöne Zimmer zu Verfügung mit Blick auf den nahen gelegenen Untersee (unterer Teil vom Bodensee). Bereits beim Einschlafen kann man und Frau sich auf das Frühstück freuen. Nicht etwa auf ein Buffet, denn die hausgemachte Konfitüre, die frische Butter, die knusprigen Brötchen und der Käse stehen auf dem Frühstückstisch. Eierspeisen werden à la minute zubereitet. Ein fantastischer Start in den Tag ist einem gewiss.

Kurz und gut: Einmal Schiff Mammern – immer Schiff Mammern!

 

 

GaultMillau: Kanton Bern: Die «Eisblume» blüht!

Yvonne Stöckli im Wein und Käsekeller des Hotel Alpenblick Wilderswil

Yvonne Stöckli im Wein und Käsekeller des Hotel Alpenblick Wilderswil

Zugang in der Spitzenklasse: Simon Apothéloz in der Worber «Eisblume» erhält schon wieder einen Punkt mehr und ist jetzt mit der Note 16 «verbucht»; der Besuch in seinem «Gewächshaus» ist ein Erlebnis. Florian Stähli in «L’Auberge» in Langenthal und Loris Meot im «Basta by Dalsass» im «Bernerhof» Gstaad sind mit je 15 Punkten zwei weitere bemerkenswerte Aufsteiger.

In den kuliarischen Epizentren Bern-City und Gstaad setzen sich die Platzhirsche im Revier durch: Robert Speth («Chesery») und Marcus G. Lindner («The Alpina») setzen mit je 18 Punkten im Saanenland (und im ganzen Kanton) den Massstab. In Bern ist Jan Leimbach («Meridiano», 17 Punkte) die Nummer 1. Werner Rothen («Schöngrün») hat mit Souschef Simon Sommer einen starken Nachfolger installiert (neu 15), sein Glück in Basel aber nicht gefunden. Im «Löwen» Thörigen lässt sich Nik Gygax von gesundheitlichen Sorgen nicht unterkriegen; Meergetier und Saucen sind grossartig (18). In Wilderswil («Alpenblick», 16 Punkte) wacht GaultMillaus «Sommelier des Jahres», Gastgeberin Yvonne Stöckli, über einen bemerkenswerten Keller.

Aufsteiger (8) Eisblume, Worb 16 Restaurant Auberge, L’Auberge, Langenthal 15 Basta by Dalsass, Bernerhof, Gstaad 15 Palace, Biel 14 Restaurant La Pendule, Stadthaus, Burgdorf 14 Schönbühl, Hilterfingen 14 Platanenstube, Platanenhof, Kirchberg 13 La Vinoteca, Schönried 13 Neu im Guide (4) Schönbühl, Adelboden 14 Tonis Restaurant, Biel 14 Lueg, Kaltacker 13 Ziegelhüsi, Deisswil bei Stettlen 12

Sommelier des Jahres: Yvonne Stöckli, «Alpenblick», Wilderswil BE (16 Punkte) Eine hervorragende Küche, ein gewaltiger Keller. Das kiloschwere Weinbuch im «Alpenblick» führt Hausherrin Yvonne Stöckli. Ihre Karte ist auch ein Who’s who der besten Schweizer Winzer. Sie hat aber noch eine zweite Leidenschaft: Käse. Vierzig verschiedene, liebevoll ausgesuchte Sorten liegen jeden Abend gereift auf dem Wagen.

18 Punkte! Nenad Mlinarevic ist GaultMillaus «Koch des Jahres 2016»

Nenad Mlinarevic auf dem Haldihof bei Weggis

Nenad Mlinarevic auf dem Haldihof bei Weggis

Nenad Mlinarevic hat nach langem Suchen seinen Stil gefunden. Keiner geht mit strikt regionalen Produkten raffinierter und harmonischer um als der ehrgeizige Küchenchef im Park Hotel Vitznau. Der GaultMillau Schweiz zeichnet ihn aus: Mit neu 18 Punkten. Und mit dem Titel «Koch des Jahres 2016».

Urs Heller, Chefredaktor GaultMillau Schweiz schreibt über Chef Nenad Mlinarevic folgendes: Er wurde in der Branche als Bluechip gehandelt, als Talent mit dem Zeug zum Star. Jetzt ist er einer. Wie viele grosse Köche hat er den Code zum Erfolg nicht über Nacht geknackt, sondern in jahrelanger, harter Arbeit. Sein Konzept im Luxushotel am Vierwaldstättersee: Kein Kaviar, kein Hummer. Eher Kohl und Kalbskopf. Anders gesagt: Regionale Küche ist Trumpf. Ins Menü schafft es nur, was in der näheren oder weiteren Umgebung wächst. Nenad Mlinarevics Revier ist nicht die Bretagne. Er sucht Kräuter am Fuss der Rigi. Hat einen sehr engen Kontakt mit hervorragenden Weggiser Gemüsebauern. Setzt auf Brüggli-Forellen vom Sattel SZ statt auf Loup de mer aus den Weltmeeren. Bewundernswert ist deshalb zweierlei: Chef Nenads Rolle als Foodscout, als Entdecker kleiner, noch unbekannter Produzenten. Und natürlich seine Rolle als Koch: Wie er die vermeintlich einfachen Produkte verzaubert, wie er Kontraste und Harmonie zugleich sucht, wie daraus ein eigentlicher «Nenad Style» entsteht, ist bewundernswert. Die Gäste wissen es zu schätzen: Das Restaurant «focus» ist deutlich besser besucht als in den ersten Monaten.

André Jaeger’s Abendmahl

André Jaeger, grandioser Koch. Künstler dazu, gab seine letzte Vorstellung auf 1616 Meter über Meer auf der Alp Züneweid, hoch über Lauenen. Ohne Strom zauberte er „Le Menu de fête“ auf die Teller der anwesenden Gourmets. War der erste Akt „Im Stroh“ ein fröhliches, lebendiges Allegro mit Mousse von frischer, ungestopfter (!) Entenleber; Tartar von Orkney Lachs und Kaluga Kaviar, schritt der zweite Akt im Andantino an den Tisch. Aus dem Chäschessi wurde eine Fischsuppe in drei Gängen serviert. Unterteilt in Salzwasser- & Süsswasserfisch sowie Krustentiere. Der Hauptakt kam langsam und ruhig in einem Allegro auf die Teller. Vor dem Haus stand ein selbst konstruierter, 50-jähriger Grill, der sich angetrieben von einer Taschenlampen André Jäger ZüneweidBatterie langsam drehte. Am Haken garte langsam der Torso eines Simmentaler Kalbes aus Muttertierhaltung, was heisst 5 Stunden bis die Kerntemperaturen von 50 für das Karree resp. 70 Grad für die gefüllte Brust erreicht war. Das Fleisch war von einer einzigartigen Zartheit, von einem unbeschreiblichen Geschmack dem eine Beschreibung mit Buchstaben nicht gerecht werden kann. Es war ein (Ohren-) Schmaus wie Mozart’s Klarinetten Konzert K. 622. Ein grosser, stilvoller Abschied von André Jaeger, der noch einmal sein ganzes Können zeigte. Wie schrieb Urs Heller in der neusten Schweizer Illustrierten: „Jaeger ist ein ungewöhnlich, begabter Koch, hat das Risiko nie gescheut.“ Auch nicht an seinem letzten offiziellen Anlass als 19 Punkte Koch.

AJTurbotJaeger war seit Jahren ein fixer Stern an der Genusswoche in Gstaad. Unvergessen sein Auftritt auf 3000 Meter über Meer, an welchem er u.a. einen 15 Kilo schweren Steinbutt auf einem – auch hier – selbst entwickelten Grill garte.

André: Danke. Für all Deine Ideen und Inspiration die Du Saveurs, Hanspeter und mir gegeben hast.  Ebenso für Deine Ratschläge und Deine Tipps und die inspirierenden Gespräche. Ich freue mich und hoffe auf viele weitere genussvolle Stunden mit Dir.

© Bildrechte sind beim Fotograf Marcus Gyger und nur mit seiner schriftlichen Einwilligung zu verwenden. Ansonsten….. knallts

 

 

Davidoff Saveurs Gstaad

André mit Philippe Chevrier

André mit Philippe Chevrier

Seit 20 Jahren erfreut «Davidoff Saveurs» Genussmenschen aus Nah und Fern. Seit den Anfängen hat sich Gstaad als Herz des guten Geschmacks auf der Schweizer Landkarte etabliert. Anfänglich zählte die Region Gstaad 87 GaultMillau Punkte. Heute deren 283. Eine Dichte die einzigartig ist. Dazu beigetragen hat die Motivation immer besser werden zu wollen von «unseren» Köchen in den Hotels und Restaurants sowie die illustre Schar der Gastköchen, die immer wieder gerne nach Gstaad gekommen sind. Es ist dies ein Who is Who berühmter Köche. Um nur einige zu nennen: Fredy Girardet, Phillipe Rochat, Heinz Winkler, Hans Haas, André Jaeger, Gérard Rabaye, Martin Dalsass, Norbert Niederkofler, Philippe Chevrier, Andreas Caminada, Roland Jöhri, Anton Mosimann, Didier de Courten und viele mehr.

Auch im zwanzigsten Jahr präsentiert die Genusswoche Gstaad, welche vom 26. Juni bis 5. Juli 2015 im Berner Oberland stattfindet, ein Bouquet einzigartiger Anlässe: Zu den aussergewöhnlichen, kulinarischen Summits gehören: GaultMillau-Koch des Jahres 2015 Peter Knogl, vom Restaurant Cheval Blanc im Hotel «Les Trois Rois» in Basel, der gemeinsam mit Marcus G. Lindner die Gäste im «The Alpina» auf eine Genussreise entführen wird. André Jaeger, der mit 19 GaultMillau Punkten seit 20 Jahren mit unermüdlicher Leidenschaft, Präzision und Passion neue Geschmacksnuancen kreiert, nimmt die Herausforderung an und kocht auf der Bernerhof Alphütte Züneweid auf 1616 Meter über Meer, oberhalb Lauenen auf offenem Holzfeuer. Leider ist dieser Anlass bereits ausverkauft.

Speziell für die «Davidoff Saveurs» Genusswoche wird die Bahn des Wasserngrats angestellt, damit die jungen Aufsteiger Guy Ravet, Roger Kalberer und Andrea Dalsass ihre Kochkünste gemeinsam unter Beweis stellen können. Ein weiterer Höhepunkt ist das Vater-Sohn-Team Christian und Wolfgang Kuchler, welche im Golfhotel Les Hauts de Gstaad ihre kulinarischen Köstlichkeiten präsentieren werden. Ein fester Bestandteil des Saveurs Programms ist der Lokalmatador Robert Speth, welcher um 4 Uhr am Morgen die Feuergrube mit Brennmaterial füllt und anzündet. Natürliche Produkte veredelt er mit seinem Können und serviert diese den angereisten Davidoff Saveurs-Gästen im romantischen Bühlhaus am Lauenensee.

Davidoff_Saveurs_Gstaad_2015_box_offenTitelsponsor Davidoff präsentiert dieses Jahr ein speziell für das 20-Jahre-Jubiläum der Gstaader «Davidoff Saveurs» Genusswoche kreiertes Zigarrensortiment in limitierter Auflage.

 

 

Ein Hamburger für mehr Zusammenarbeit

Am 16. Januar begann der inszenierte Streit um den besten Burger zwischen der Alpine Lodge mit Günther Weilguni, einem waschechten Habsburger, und dem Bernerhof mit dem Basta by Dalsass, im Anzeiger von SaanenHier im Detail nachzulesen.

Die Ausgangslage war ideal: Sowohl die Alpine Lodge wie auch mein Basta by Dalsass haben Hamburger auf der Karte. Nun hätte jeder von uns ein Inserätli machen können. Das wäre aber todlangweilig und weniger wirksam gewesen. Also haben Günther und ich uns auf ein flottes kleines öffentliches Scharmützel geeinigt, in Form vergleichender Werbung. Die ist nämlich auch in der Schweiz erlaubt, solange sie nicht irreführend, unnötig herabsetzend oder anlehnend ist. Allerdings kommt sie selten vor, der Schweizer sucht selten die Konfrontation und meistens den Konsens. Umso mehr hat unsere kleine Ineratenkampagne sich bei den Saaner Bürgern zum Thema entwickelt. Auf Stammtisch komm raus haben sie debattiert, geschmunzelt und gelegentlich auch geflucht. Selbst der Präsident des Hoteliervereins Gstaad Saanenland bekam erboste Telefonate von besorgten Bürgern, auf dass er dem Streit Einhalt gebiete, gerade in dieser ach so schweren Zeit sei doch Zusammenarbeit gefragt. Richtig. Genau das dachten wir uns ja auch. Und was war der Effekt unseres kleinen Showkampfs? Wir haben unsere Burger bekannt gemacht, man hat darüber gesprochen, man hat ihn gegessen, manch einer hat seinen Siegerburger dann auf Facebook gepostet. Der Umsatz ist gestiegen. Kurz und gut, die paar Franken für die Inserate haben sich gelohnt. Und wenn der Eindruck entstanden sein sollte, die Beteiligten hätten Humor und Chuzpe, dann wäre das ja auch gute Werbung für gewitzte Zusammenarbeit im Saanenland.

Denen, die sich wegen dieser Kampagne mit engagierten bis diffamierenden Kommentaren gemeldet haben, wünsche ich viel Gelassenheit. Es ist doch so: Nur wer sein Chuewägli auch mal verlässt, entdeckt Neues, hinterlässt Spuren und bewegt etwas. Dem Saanenland tun neue Ideen gut. Also kitzeln wir die Kuh, damit sie die Milch sprudeln lässt.

 

 

André Jaeger bucht Halbpension.

1975

1975 wählen die britischen „Conservatives“ mit Margaret Thatcher nicht nur erstmals eine Lady zur Vorsitzenden, sondern auch gleich eine eiserne. Die OPEC erhöht den Ölpreis um zehn Prozent. Ein Herzinfarkt beendet General Francos 83-jähriges Leben und damit Spaniens 36-jährige Diktatur. Prinz Juan Carlos übernimmt das Ruder. Bill und Paul gründen eine Bude und nennen sie Microsoft. Chrissie Watkins wird von Steven Spielbergs weissem Hai gefressen, in Italien kommt Matteo Renzi auf die Welt, nicht das letzte Mal, und in Schaffhausen übernimmt der 28 Jahre junge André Jaeger von seinem Vater die Fischerzunft.

 1995

1995, zwanzig Jahre später, ist Thatcher weg, Juan Carlos rudert noch, Spielberg dreht noch, Bill Gates startet mit Windows 95 durch und André Jaeger mit seiner Kochkunst, seiner Fusion von asiatischer und europäischer Küche. Bereits zum zweiten Mal nach 1988 ernennt GaultMillau André Jaeger zum Koch des Jahres – und verleiht ihm den sensationellen 19. Punkt.

 Was. für. ein. Koch.

Für mich war André Jaeger immer Vorbild. Mit seiner Sensibilität, seiner Feinfühligkeit komponierte er mit einem Orchester an Gerüchen und Noten in seinem Kopf und mit seiner Vorstellungskraft echte kulinarische Meisterwerke. Er hat mich immer wieder beeindruckt. Er besitzt eine Gabe, die nur grosse Künstler, Musiker, Maler, Köche haben können.

Sein analytisches Denken und seine Sprachkenntnisse setzte er jahrelang als Vordenker und Repräsentant bei Grandes Tables und Relais&Château ein und verhalf so den beiden Vereinigungen zum durchschlagenden Erfolg. André Jaeger war weltweit ein gefragter Gastkoch, von der First Class für die Lufthansa über die Swissair und Swiss bis hin zur MS Europa und den grossen Resorts in Übersee.

AJTurbotIch denke an die vielen Anlässe, welche André bei uns an unserer Genusswoche Davidoff Saveurs in Gstaad prägte. Grandios sein Auftritt auf 3000 Meter über Meer auf dem Glacier3000. Das für mich eindrücklichste Erlebnis war der Moment, als er ohne Infrastruktur auf 3000 Meter ein Menu der Sonderklasse herbei zauberte. Er grillierte einen 15 Kilo schweren Steinbutt. Den Grill hat er eigens für diesen Anlass konstruiert! Als Hauptgang gab es eine Wurst. Aber was für eine. Im Darm waren Entenstücke an einer asiatischen Sauce. Herrlich, grossartig und unbeschreiblich. Er adaptierte die Situation auf 3000 Metern über Meer aufs genialste. Es gibt wohl kaum eine Handvoll Köche, die das auf diesem Niveau gekonnt hätten.

2015

2015, vierzig Jahre nachdem André Jaeger die Fischerzunft übernommen hat, rettet Rentner Bill Gates mit seinen 80 Milliarden Dollar die Welt. Der Öpreis ist gesunken, Thatcher ist heimgegangen, wohin auch immer, Juan Carlos flog von Elefanten und vom Thron, Spielberg dreht noch, der weisse Hai beisst noch, wenn auch weniger kräftig als Frank Underwood, und rudern tut Matteo Renzi, der gefühlt hundertste Regierungschef Italiens in den letzten Jahrzehnten. Und André Jaeger? Er hält seit 20 Jahren ununterbrochen 19 GaultMillau Punkte.

Was. für. ein. Stehvermögen.

Eine Träne sei mir für André gegönnt. Ein grosser Koch tritt ab und hinterlässt eine noch grössere Lücke. Schaffhausen, seine und meine Heimatstadt, wird erst nach seinem Rücktritt merken, was sie an André Jaeger für einen Botschafter hatte. Nie bekam er die Anerkennung der Schaffhauser zu spüren. Zu anders, zu wenig fassbar war er für die beschauliche kleine Stadt am Rhein. Was steht in Schaffhausen am Schwabentor? „Lappi tue d’Auge uf.“ Die Schaffhauser machen sie zu spät auf.

Am 30. Juni 2015 tritt André Jaeger hoch erhobenen Hauptes aus der Fischerzunft und kann dann auf ein erfülltes Berufsleben zurückblicken. Andere Leute brauchen zwei Leben für das, was er in einem Leben erreicht hat. Er geht zum Glück nur in Halbpension. Sein Wissen und seine Inspiration bleibt der Branche erhalten. Wir brauchen Leute wie André mehr denn je.

André: Danke. Für Deine Ratschläge und Deine Tipps und die inspirierenden Gespräche. Ich freue mich und hoffe auf noch viele weitere genussvolle Stunden mit Dir.

HPR_THFErinnerst Du Dich noch, wie wir mit Hanspeter bis in die Morgenstunden auf der Fischerzunft Terrasse sassen, Wein tranken und Du uns Würste aufgeschnitten hast? Hanspeter hat sich auf den Tisch gelegt und zwei Stunden geschlafen. Der Frühdienst hat ihn geweckt. Und er mich. Wir gingen in den Rhein baden. Am 7. April. Er war 7 Grad kalt. Und dann gingen wir mit dem Badetuch ans Frühstücksbuffet. Läck die Aufregung. Was waren wir jung, damals – und sind es geblieben.

Hier geht es zum grossen Fischerzunft Finale.

Erinnerungen:

 

© Fotos von Marcus Gyger

Verordnete Ferien

Mann soll Ferien machen. Meinte Frau. Ich sei von Tag zu Tag unausstehlicher. Was sagt Mann? Am besten nichts. Wir packten also unsere sieben Sachen und fuhren mit hundert Sachen über die sieben Berge und landeten nicht bei Schneewittchen sondern im Engadin. Ohne Schnee. Und das störte, vor allem Mann, gar nicht. So hatte er mehr Gelegenheit für genussvolle Restaurant Besuche. Darüber sei hier berichtet.

Kronenhof Pontresina

Kronenhof Pontresina

Vom Grand Hotel Kronenhof Pontresina habe ich viel gehört und noch mehr gelesen: 2008 wurde er zum GaultMillau Hotel des Jahres gewählt. Bei den Hotelbewertungen nimmt der Kronenhof seit Jahren Spitzenplätze ein. Im 2014 wurde der Kronenhof sogar zum freundlichsten Luxus Ferienhotel in der Schweiz gewählt. Mir sind, resp. waren diese Belobigungen immer ein wenig suspekt. Für mich eine Unmöglichkeit, dass alle Gäste durchs Band immer formidable Bewertungen abgeben. Da muss Marketing dahinter stecken. Nachdem ich das Hotel selber erleben durfte darf ich schreiben, dass die Mitarbeitenden im Kronenhof die freundlichsten und aufmerksamsten sind, die ich je in einem Hotel gesehen habe. Und dies in allen Departementen. Überall wird mit Namen gegrüsst, es wird auf die Gäste eingegangen und die Wünsche werden erfüllt, bevor einem selber bewusst wird, dass man überhaupt einen Wunsch hat. Ein grossartiges Hotel mit einem fantastischen Direktor Marc Eichenberger.

Restaurant Dolce Vita in Maloja: Ein authentisches Restaurant mitten in Maloja mit hausgemachten Teigwaren (Veltliner Pizzoccherie, die seinesgleichen suchen) und regionalen Produkten. Laktose- und glutenfreie Speisen fehlen ebenso wenig wie vegane und vegetarische Gerichte. Tolle Weinkarte mit vielen Weinen aus dem nahen Veltlin.

Dal Mulin

Dal Mulin

Wir waren im neu eröffneten „Dal Mulin“ mitten in St. Moritz. Geführt wird das Restaurant mit angrenzender Weinhandlug von Kathrin und Danijel Krasnic. Beide arbeiteten zuerst bei Brigitte und Ronald Jöhri und im Anschluss bei Lorena und Martin Dalsass im Talvo in St. Moritz Champfèr. Durch sein grosses Weinwissen viel Danijel schon im Talvo auf.  So verwundert es nicht, dass es im „Dal Mulin“ nicht eine, sondern gleich zwei  Weinkarten gibt. Eine Weiss- und Rotweinkarte. Sie zeichnen sich durch ein ausgezeichnetes Preis- Leistungsverhältnis und durch viele Trouvaillen aus. So kostet als Beispiel der Pinot Noir von Martha und Dani Gantenbein aus Fläsch „nur“ sagenhafte 129.- Franken. An anderen Orten wird dieser Wein für 160.- und mehr Franken verkauft.

Martin Dalsass

Martin Dalsass

Zu guter Letzt seien unsere Freunde Martin Dalsass mit seiner Frau Lorena, Sohn Andrea mit seiner Partnerin Dora vom Talvo by Dalsass erwähnt. Gleich mehrere Male kamen wir in den Genuss bei Familie Dalsass im Talvo essen zu dürfen. Bereits einen Tag vor der Eröffnung des Restaurants durften wir zusammen mit anderen Freunden einen Abend in der Stüvetta Davidoff, dem Fümoir im Talvo, geniessen. Nach mehreren duzend Froschschenkeln wurde der Stüvetta gezeigt, wieso sie den Nachnamen Davidoff trägt. Die Nacht war lang und der Schlaf kurz. Am darauffolgenden Tag servierte Dalsass ein Bollito Misto der Sonderklasse. Bei grossartigen Blut- und Leberwürste, Cotecotti und Cotecchini und vielem mehr (Brennesselgnocchi mit frischer Salami) vergnügten wir uns erneut bis spät in die Nacht. Die Lebenslust im Talvo by Dalsass ist spür- und greifbar. Martin ist der Herr der Küche, Sohn Andrea der Chef im Service und Lorena und Dora, begrüssen die Gäste und begleiten sie an den reservierten Tisch.

Ein Tipp: lassen Sie sich vom Chef persönlich etwas empfehlen. Er hat immer ein Gericht auf Lager, welches den Weg noch nicht auf die Karte gefunden hat. Seinen dies Wildvögel, die ihm die einheimischen Jäger bringen, sei es Fisch oder sonst ein spannendes Gericht.

Weitere empfehlenswerte Hotels und Restaurants im Engadin:

  • Das Hotel Waldhaus Sils ist schlicht und einfach genial. Mehr dazu > hier
  • Pitschna Scena, im Hotel Saratz in Pontresina ist immer ein Besuch wert
  • Wer den Kuhstall in Sils mit seinem Wirt Fredy noch nie erlebt hat, hat definitiv etwas verpasst. Die Speisekarte im Kuhstall.
  • Ein Geheimtipp für ein Mittagessen an der Sonne mit Blick ins Rosegtal empfehle ich das „Le Pavillon“ vom Kronenhof. Wenig Leute, super Service und ebenso gute Küche.
  • Gleich noch ein Geheimtipp: Ul Cüsch, gleich bei der Sprungschanze in St. Moritz. Fantastische Veltliner und Puschlaver Spezialitäten. Mittags wird ein „Arbeitermenü“ für unschlagbare 15,50 Franken angeboten, bestehend aus Vorspeise, Hauptgang, Dessert oder Kaffee.

Von früheren Besuchen kann ich mit gutem Gewissen empfehlen:

  • Das Hotel Walther in Pontresina ist seit Jahren ein sicherer Hotel-Mehrwert am Engadiner Sternehimmel
  • Ebenso das familiengeführte Hotel Albris in Pontresina mit der sensationellen Engadiner Torte
  • Für kleinere Budget ist das Allegra das richtige Hotel. Gleich vis-à-vis vom Hallenbad in Pontresina
  • 3* Michelin Küche im Restaurant „Di Vittorio“ im Carlton Hotel St. Moritz
  • Das Restaurant „Enoteca“ im Kempinski
  • Im Skigebiet Corvatsch/Furtschellas ist nebst dem Kuhstall auch die „Alpetta“ mehr als nur empfehlenswert.
  • Wer ein genug grosses Portemonnaie mit Geld drin hat, ist in der „El Paradiso“ Luxus Hütte bei Anja und Hans-Jürg gut aufgehoben. Zum Dessert sei die riesige Crèmeschnitte empfohlen.
  • Ein Tipp für den Sommer ist die alte Säumerstation „La Rösa“ an der Berninapassstrasse.
  • Seit Jahren ein In-Place: das Hotel Misani in Celerina
  • Im „Restaurant Cascade„, welches von Reto Matthis geführt wird, trifft sich seit je die Jeunesse dorée aus St. Moritz.