Paul Imhof, Redaktor beim „Tagi“ und bei „Geo“, ist ein von mir geachteter Journalist. Vor allem, wenn er über Kulinarik schreibt. Sackstark. Im heutigen (Artikel online nicht gefunden. Vielleicht trotzdem verfügbar.) Tagi schreibt er über die neue Ausgabe der Gastrobibel GaultMillau. Schon der Titel hat es in sich: „Ritualisiert und selbstgefällig“ seien die Tester. Er schreibt weiter, dass sich Urs Heller und seine Equipe nicht richtig festlegen mögen, in welche Richtung die kulinarische Reise der Schweiz gehen soll. Ich meine: im Gegenteil, GaultMillau muss einen Spagat machen. Er muss alle Kochstile berücksichtigen. Es liegt nicht an den Testern, die Richtung der kulinarischen Schweiz festzulegen. Was mir schmeckt und in welches Restaurant mich mein Geschmack führt, kann ich nämlich selber entscheiden. Gault hin und Millau her.
GaultMillau zeichnet 2014 mit Tanja Grandits bekanntlich zum ersten Mal eine Frau als „Koch des Jahres„ aus. Nachdem sie im 2006, wie Paul Imhof schreibt, mit dem Trostpreis als „Köchin des Jahres“ geehrt worden war. Mit ihrer Aromaküche hat sie sich einen eigenen, unverwechselbaren Kochstil erarbeitet, der es verdient, Koch des Jahres zu werden. Meine ich. Und jetzt kommt das Aber, ich würde nie und nimmer zwei oder drei Mal in der Woche ins Stucki zu Grandits zum Essen gehen. Nicht weil das Essen im Stucki nicht schmeckt. Ganz im Gegenteil. Mir schmeckt es fast zu viel. Selbst zum hochgelobten, schnusigen und äusserst sympathischen Andreas Caminada könnte ich nicht mehrmals innert kurzer Zeit zum Essen hingehen. Da bin ich restlos überfordert. Von den Geschmäckern, der Anrichte, vom Neuen. Hingegen kann ich täglich zu Martin Dalsass im Talvo by Dalsass gehen. Oder zu André Jaeger. Oder zu Othmar Schlegel, welcher Imhof in seinem Artikel ebenfalls erwähnt wird. Nicht, dass die drei vorgenannten Köche langweilig kochen, ganz im Gegenteil, aber sie kochen die Lebensmittel in ihrer ursprünglichen Form. Nie mehr als zwei drei verschiedene Geschmäcker auf dem Teller. Und das ist die Küche, die ich gern habe.
Ist es nun falsch, dass Granditis oder Caminada – er sogar zwei Mal – als Koch des Jahres ausgezeichnet wurden? Nein. Meine ich. Sie sind unter anderem Vorbilder für junge Köche. Auch ich hatte als Kochstift meine Vorbilder. Ich versuchte ihnen nachzueifern. Mich in ihre Philosophie und Gerichte hineinzudenken um sie nach zu kochen. Wahrscheinlich wurde gerade deswegen kein Koch aus mir. Jeder muss sich selber sein. Seinen Stil finden. Und das haben Grandits und Caminada zweifelsohne geschafft. Zudem gibt es noch eine andere Komponente. Aus einer Grandits und einem Caminada lässt sich eine Geschichte machen, die sich verkauft. Schluss endlich will GaultMillau und mit ihm der Ringier Verlag Geld verdienen.