Kolumne im Anzeiger von Saanen
… sagte Otto Steiner aus Sarnen, seines Zeichens Entwickler für Projekte im Tourismus, für Museen und Markenwelten der Hotel Revue. Tatsächlich muss jede Destination, jedes Museum und jede Marke ein Alleinstellungsmerkmal haben. Vorzugsweise muss das Thema von der einheimischen Bevölkerung gelebt werden. Nicht marktschreiend, sondern subtil und intelligent. Ehrlich halt.
Wir im Saanenland haben die besten Voraussetzungen für eine aussergewöhnliche Inszenierung. Wir haben eine sechzigjährige Tradition mit klassischer Musik, eine fantastische Landschaft zusammen mit einer gelebten Landwirtschaft. Wie besiegelten 1956 Paul Valentin (ehemaliger Kurdirektor von Gstaad) und Lord Menuhin, Valentin’s Idee von Sommerkonzerten (dem heutigen Menuhin Festival) in Gstaad? Bei einem Glas Milch!
Wie aber kombiniert man nun die drei unterschiedlichen Komponenten Musik, Landschaft und Landwirtschaft zu einem stimmigen Produkt? Mit einer breit abgestützten Kommission aller Interessenvertreter?
Die hatten wir schon. Effektiver sein könnte eine kleine, feine Gruppe aus kompetenten Leuten, die analysieren können, sowie aus kreativen Leuten, die um die Ecke denken. Sie können etwas zustande bringen, das die ganze Region begeistert. Etwas, das zu einem Teil des regionalen Selbstverständnisses wird. Etwas das als ein neues touristisches Produkt Gestalt annimmt, das wir Einheimischen ungekünstelt vor- und ausleben und unseren Gästen näher bringen können. Wert schaffen, Wert schöpfen.
Erste kleine Inszenierungen sind bereits umgesetzt, wie der Menuhin-Weg, das Menuhin Museum, Heimat Museum, der Käseweg, die Alpwirtschaft in den Sommermonaten und die Käse-Grotte. Jesses, Klammer auf: da liessen sich schon über den Namen „Grotte“ ganze Seiten von Kolumnen schreiben. Ist eine Grotte nicht ein Gebäude, welches eine Felsenhöhle vortäuscht? Wir legen unseren wunderbaren, echten Alp Käse in ein vorgetäuschtes Gebäude. Wo bleibt der Stolz? Item. Klammer zu.
Menuhin, das ist Klang. Wir könnten unsere Berge erklingen lassen. Wir könnten eine berührende, eine erlebbare Geschichte erzählen mit einer kleinen Rundwanderung. Wieso nicht auf dem Rellerli, mit dem Weitblick in vier Kantone? Wir könnten in der Kirche in Saanen mittels einer Video Installation das Menuhin Festival jederzeit und immer erlebbar werden lassen. Aber für solche Produkte müssen wir auch Ideen zulassen, die womöglich komisch anmuten und nicht mehrheitsfähig scheinen. Ideen von aussen, vielleicht von Leuten die keine vorgefasste Meinung haben und nicht schon im Voraus wissen, dass es sowieso nicht klappt.
Es ist ungemein wichtig, dass wir uns jetzt bewegen. Wir brauchen eine erlebbare, fühlbare und ehrliche Inszenierung, die uns ein Alleinstellungsmerkmal gibt. Damit die Gäste schon zu Hause wissen, dass sie bei uns etwas erwartet, das sie an keinem anderen Ort der Welt so erleben können. Das stärkt uns auch im Preiskampf, denn je unvergleichlicher ein Angebot desto unvergleichbarer sein Preis. Gehen wir mit einem gesunden Selbstbewusstsein in die Zukunft, sehen nicht hinter jeder Idee eine Verschwörung und reden wir nicht jeden Impuls schon vor seiner Entstehung wieder kaputt. Die Saaner leben und arbeiten doch in einem offenen Tal und sind doch auch ein offenes Volk. Oder?