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Gesamtarbeitsvertrag im Schweizer Gastgewerbe

Anzeiger von SaanenIch fühle mich nicht dazu berufen, ständig Leserbriefe zu verfassen. Eigentlich. Aber es musste sein. In der neuen Ausgabe in unserem „Anzeiger von Saanen“ war ein Interview zur Mindestlohn Initiative. Für die Pro-Seite gab SP-Mitglied Martin Hefti (glaubt mir, es braucht unheimlichen Mut, sich im Saanenland als SP-Mitglied zu outen.) seine Ansichten zum Besten. Er meinte u.a., dass diese Initiative vor allem für Branchen sei, bei welchen die Sozialpartnerschaft nicht funktioniert, zum Beispiel beim Verkauf, in der Hotellerie u.s.w.. Ha, schreie ich gegen den Himmel und habe meinen Leserbrief mit folgendem Wortlaut verfasst:

Martin Hefti, sie können zur Mindestlohninitiative denken und sagen was sie für richtig halten – solange es richtig ist, was sie sagen. Besagte Initiative sei für jene Branchen, in welcher die Sozialpartnerschaft nicht funktioniere und nennen als Beispiel die Hotellerie. Richtig ist, dass das Gastgewerbe, zu welchem auch die Hotellerie gehört, seit 1976 einen gut funktionierenden L-GAV hat. Es ist zudem einer der grössten GAV mit über 230’000 unterstellten Mitarbeitenden. Ich erspare ihnen die Details, die können sie unter www.l-gav.ch erfahren. Noch etwas: Bezeichnenderweise spricht sich übrigens selbst Urs Masshardt,  Direktor unserer Arbeitnehmer-Organisation Hotel & Gastro Union, gegen die Initiative des Gewerkschaftsbundes aus. Als Vertreter der Arbeitnehmer würde Urs Mannhardt das wohl nicht tun, wenn er denn nicht wirklich überzeugt wäre.

Die – unsägliche – Masseneinwanderungsinitiative hätte mehr Auswirkungen auf das Gastgewerbe als die Mindestlohninitiative. Meinen sie. Das wird sich weisen. Was ich bereits weiss ist, dass wir im Bernerhof pro Jahr 280’000 Franken mehr Lohnkosten hätten. Das sind 5 Arbeitsstellen die verloren gehen könnten. Oder kürzere Öffnungszeiten. Vielleicht haben sie bemerkt, dass ab Ostern bis anfangs Mai nur ein einziges Restaurant im Ortszentrum von Gstaad geöffnet hatte. Bei einer Annahme der Initiative könnte es sein, dass in der Zwischensaison gar kein Restaurant im Ortszentrum von Gstaad mehr geöffnet hat. Es gibt für mich kein einziges Argument, weshalb man und Frau dieser Initiative zustimmen könnte.

Verstaatlichung des Lohnes

Um es vorweg zu nehmen. Wir brauchen keinen staatlich verordneten Mindestlohn. Wennschon, dann wäre die Festlegung eines Mindestlohnes Sache der Sozialpartner. Sie kennen die gegenseitigen Interessen und sie kennen die Branche. Bei Annahme der Mindestlohninitiative jedoch, bekommt der Staat die Aufgabe und die Kompetenz, die Vertragsfreiheit einzuschränken. Die Verantwortung und die Verantwortlichkeiten der Sozialpartner werden zurück gebunden und die Sozialpartnerschaft geschwächt. Geschmälert wird auch der Einfluss von Branchengewerkschaften. Zudem nimmt die Initiative keine Rücksicht auf Regionen und Branchen. Der in der Initiative verlangte, indexierte Mindeststundenlohn von 22 Franken ist in Zürich weniger wert als derselbe Betrag in Oey-Diemtigen.

Gast. Gewerbe.

In unserer Branche kennen wir seit 1976, mit einem kleinen Unterbruch, einen durch den Bundesrat allgemein verbindlich erklärten, fairen Gesamtarbeitsvertrag, ausgehandelt von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der L-GAV des Gastgewerbes ist der grösste in den letzten 2 ½ Jahren ausgehandelte, regelmässig allgemeinverbindliche GAV. Fast eine Viertelmillion Mitarbeitende sind ihm unterstellt. Dieser GAV bringt ein recht stabiles und vor allem berechenbares Lohngefüge mit sich. Eine Erhöhung des Mindestlohnes für weniger qualifizierte Mitarbeiter würde dieses ganze Lohngefüge durcheinanderbringen.

Der Mindestlohn von 4000 Franken entspricht in etwa dem Mindestlohn, den ein Mitarbeiter mit einem eidg. Fähigkeitszeugnis (4’108.-) heute erhält. Für den Bernerhof würde die Annahme der Initiative die Lohnkosten um rund 220’000.- pro Jahr erhöhen. Unumgänglich wäre in der Folge eine Lohnapassung für Mitarbeitende mit einem eidg. Fähigkeitsausweis, was zu einem Anstieg der Lohnkosten um weitere 62’000 Franken führen würde und somit bei einem Total von 282’000 Franken wären. Bei einer Annahme der Initiative würde die Aus- und Weiterbildung ohne Anreiz bleiben und damit die Qualität der Dienstleistungen leiden.

Bezeichnenderweise spricht sich übrigens selbst Urs Masshardt,  Direktor unserer Arbeitnehmer-Organisation Hotel & Gastro Union, gegen die Initiative des Gewerkschaftsbundes aus. Hier nachzulesen. Als Vertreter der Arbeitnehmer würde Urs Mannhardt das wohl nicht tun, wenn er denn nicht wirklich überzeugt wäre.

Bei einer Annahme, und da bin ich mir sicher, müssten viele Kleinbetriebe schliessen und Grossbetriebe ihre Dienstleistung abbauen. Wenn Sie weiterhin eine Vielfalt an Gastronomiebetrieben schätzen, lehnen Sie diese Initiative ab.