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Verordnete Ferien

Mann soll Ferien machen. Meinte Frau. Ich sei von Tag zu Tag unausstehlicher. Was sagt Mann? Am besten nichts. Wir packten also unsere sieben Sachen und fuhren mit hundert Sachen über die sieben Berge und landeten nicht bei Schneewittchen sondern im Engadin. Ohne Schnee. Und das störte, vor allem Mann, gar nicht. So hatte er mehr Gelegenheit für genussvolle Restaurant Besuche. Darüber sei hier berichtet.

Kronenhof Pontresina

Kronenhof Pontresina

Vom Grand Hotel Kronenhof Pontresina habe ich viel gehört und noch mehr gelesen: 2008 wurde er zum GaultMillau Hotel des Jahres gewählt. Bei den Hotelbewertungen nimmt der Kronenhof seit Jahren Spitzenplätze ein. Im 2014 wurde der Kronenhof sogar zum freundlichsten Luxus Ferienhotel in der Schweiz gewählt. Mir sind, resp. waren diese Belobigungen immer ein wenig suspekt. Für mich eine Unmöglichkeit, dass alle Gäste durchs Band immer formidable Bewertungen abgeben. Da muss Marketing dahinter stecken. Nachdem ich das Hotel selber erleben durfte darf ich schreiben, dass die Mitarbeitenden im Kronenhof die freundlichsten und aufmerksamsten sind, die ich je in einem Hotel gesehen habe. Und dies in allen Departementen. Überall wird mit Namen gegrüsst, es wird auf die Gäste eingegangen und die Wünsche werden erfüllt, bevor einem selber bewusst wird, dass man überhaupt einen Wunsch hat. Ein grossartiges Hotel mit einem fantastischen Direktor Marc Eichenberger.

Restaurant Dolce Vita in Maloja: Ein authentisches Restaurant mitten in Maloja mit hausgemachten Teigwaren (Veltliner Pizzoccherie, die seinesgleichen suchen) und regionalen Produkten. Laktose- und glutenfreie Speisen fehlen ebenso wenig wie vegane und vegetarische Gerichte. Tolle Weinkarte mit vielen Weinen aus dem nahen Veltlin.

Dal Mulin

Dal Mulin

Wir waren im neu eröffneten „Dal Mulin“ mitten in St. Moritz. Geführt wird das Restaurant mit angrenzender Weinhandlug von Kathrin und Danijel Krasnic. Beide arbeiteten zuerst bei Brigitte und Ronald Jöhri und im Anschluss bei Lorena und Martin Dalsass im Talvo in St. Moritz Champfèr. Durch sein grosses Weinwissen viel Danijel schon im Talvo auf.  So verwundert es nicht, dass es im „Dal Mulin“ nicht eine, sondern gleich zwei  Weinkarten gibt. Eine Weiss- und Rotweinkarte. Sie zeichnen sich durch ein ausgezeichnetes Preis- Leistungsverhältnis und durch viele Trouvaillen aus. So kostet als Beispiel der Pinot Noir von Martha und Dani Gantenbein aus Fläsch „nur“ sagenhafte 129.- Franken. An anderen Orten wird dieser Wein für 160.- und mehr Franken verkauft.

Martin Dalsass

Martin Dalsass

Zu guter Letzt seien unsere Freunde Martin Dalsass mit seiner Frau Lorena, Sohn Andrea mit seiner Partnerin Dora vom Talvo by Dalsass erwähnt. Gleich mehrere Male kamen wir in den Genuss bei Familie Dalsass im Talvo essen zu dürfen. Bereits einen Tag vor der Eröffnung des Restaurants durften wir zusammen mit anderen Freunden einen Abend in der Stüvetta Davidoff, dem Fümoir im Talvo, geniessen. Nach mehreren duzend Froschschenkeln wurde der Stüvetta gezeigt, wieso sie den Nachnamen Davidoff trägt. Die Nacht war lang und der Schlaf kurz. Am darauffolgenden Tag servierte Dalsass ein Bollito Misto der Sonderklasse. Bei grossartigen Blut- und Leberwürste, Cotecotti und Cotecchini und vielem mehr (Brennesselgnocchi mit frischer Salami) vergnügten wir uns erneut bis spät in die Nacht. Die Lebenslust im Talvo by Dalsass ist spür- und greifbar. Martin ist der Herr der Küche, Sohn Andrea der Chef im Service und Lorena und Dora, begrüssen die Gäste und begleiten sie an den reservierten Tisch.

Ein Tipp: lassen Sie sich vom Chef persönlich etwas empfehlen. Er hat immer ein Gericht auf Lager, welches den Weg noch nicht auf die Karte gefunden hat. Seinen dies Wildvögel, die ihm die einheimischen Jäger bringen, sei es Fisch oder sonst ein spannendes Gericht.

Weitere empfehlenswerte Hotels und Restaurants im Engadin:

  • Das Hotel Waldhaus Sils ist schlicht und einfach genial. Mehr dazu > hier
  • Pitschna Scena, im Hotel Saratz in Pontresina ist immer ein Besuch wert
  • Wer den Kuhstall in Sils mit seinem Wirt Fredy noch nie erlebt hat, hat definitiv etwas verpasst. Die Speisekarte im Kuhstall.
  • Ein Geheimtipp für ein Mittagessen an der Sonne mit Blick ins Rosegtal empfehle ich das „Le Pavillon“ vom Kronenhof. Wenig Leute, super Service und ebenso gute Küche.
  • Gleich noch ein Geheimtipp: Ul Cüsch, gleich bei der Sprungschanze in St. Moritz. Fantastische Veltliner und Puschlaver Spezialitäten. Mittags wird ein „Arbeitermenü“ für unschlagbare 15,50 Franken angeboten, bestehend aus Vorspeise, Hauptgang, Dessert oder Kaffee.

Von früheren Besuchen kann ich mit gutem Gewissen empfehlen:

  • Das Hotel Walther in Pontresina ist seit Jahren ein sicherer Hotel-Mehrwert am Engadiner Sternehimmel
  • Ebenso das familiengeführte Hotel Albris in Pontresina mit der sensationellen Engadiner Torte
  • Für kleinere Budget ist das Allegra das richtige Hotel. Gleich vis-à-vis vom Hallenbad in Pontresina
  • 3* Michelin Küche im Restaurant „Di Vittorio“ im Carlton Hotel St. Moritz
  • Das Restaurant „Enoteca“ im Kempinski
  • Im Skigebiet Corvatsch/Furtschellas ist nebst dem Kuhstall auch die „Alpetta“ mehr als nur empfehlenswert.
  • Wer ein genug grosses Portemonnaie mit Geld drin hat, ist in der „El Paradiso“ Luxus Hütte bei Anja und Hans-Jürg gut aufgehoben. Zum Dessert sei die riesige Crèmeschnitte empfohlen.
  • Ein Tipp für den Sommer ist die alte Säumerstation „La Rösa“ an der Berninapassstrasse.
  • Seit Jahren ein In-Place: das Hotel Misani in Celerina
  • Im „Restaurant Cascade„, welches von Reto Matthis geführt wird, trifft sich seit je die Jeunesse dorée aus St. Moritz.

 

 

 

Danksagung

Waldhaus NewsWelch eine freudige Überraschung. Heute Morgen bekam ich die Waldhaus News. Die Gäste Zeitung eines meiner Lieblingshotels, dem Waldhaus in Sils, mit einem Wanderhotelier-Artikel zum Thema: Mäzenatentum in der Hotellerie.

Für das liebe Schlusswort (Thomas und Brigitte Frei sind gut unterwegs – auch, aber nicht nur, zu Fuss und nicht nur im engen Sinn des Wortes offen für neue Wege und das, was sie dort sehen) und für den Abdruck bedanke ich mich freudig bei den Familien Kienberger und Dietrich. Auf bald, in Eurem Waldhaus.

Über Twitter bekam ich von Marc (@slartbart) einen Link zu einem fantastisch genialen und sackstarken Artikel. Genau so ist es, wie der Verfasser des Artikel es beschreibt. Nicht der Gast sucht eine Bar, Hotel oder Restaurant aus, sondern die Bar, das Hotel oder Restaurant such sich den Gast aus. Man könnte auch sagen, die Bar, das Restaurant oder das Hotel muss sich richtig positionieren damit es für die angesprochene Kundschaft klar erkennbar ist.

 

Hotellerie als Hobby

image„Für mich ist die Hotellerie mehr Hobby. Damit Geld verdienen ist schwer.“ Sagt der vier Milliarden schwere Klaus-Michael Kühne der Schweizer Illustrierten. Der muss es ja wissen. Denn er und sein Vater wie Grossvater verdienten die Milliarden nicht mit der Hotellerie, sondern mit der Logistikfirma Kühne + Nagel (63‘000 Mitarbeiter, 20.7 Milliarden Franken Umsatz und in 100 Ländern tätig). Womit sie den Nagel auf den Franken getroffen haben.

Weiter sagt er in der Schweizer Illustrierten über sein 38 Millionen Euro Hotel Castell Son Claret, dass aller Anfang schwer sei. Dass er mehr Gäste brauche.

Was denkt sich bei diesen Worten der wandernde Berghotelier? Zuerst denkt er an einen menschlichen Schliessmuskel. Dann denkt er, dass der Mann grundsätzlich recht hat: Als Hotelbesitzer wird man nur Millionär, wenn man vorher Milliardär war.

Der nachfolgende Satz, kommt aus meinem tiefsten Innern: Diese Hotelmäzene gehen mir langsam auf den Keks. Sie schmeissen mit Geld um sich, verwirklichen ihre Träume und tauschen ein paar bemitleidenswerte Direktoren aus, bevor sie merken, dass sie nebst den Investitionen für das Gebäude auch den jährlichen Betriebsverlust zu begleichen haben. Sie vergessen die Software, den Spirit, das Innenleben. Und diese Schlüsselkriterien lassen sich zum Glück nicht kaufen. Sie machen so viele Fehler beim Bau ihrer Bubenträume, dass es einem darob graust.

Es geht auch anders. So wie zum Beispiel im Waldhaus in Sils. Seit 1908 im Familienbesitz. Liebevoll eingerichtet. Keine Umbauten, keine Erweiterungen ohne das feine Gespür für die Geschichte und den Spirit des Hauses. Ein Hotel voll mit Leben. Mir ist kein von einem Mäzen erbautes Hotel bekannt, welches diesen Anspruch erfüllt.

Das Mäzenatentum in der Hotellerie hat noch eine andere Seite. Weil die ihre Kästen nicht voll kriegen, denken die Mäzenhoteldirektoren ganz ganz fest über kreative, einmalige Lösungen nach. Und dann, heureka, senken sie die Preise. Man will dem Geldgeber ja ein wenigstens halbwegs gefülltes Hotel präsentieren können. Wir Normalos aber können unsere Preise nicht beliebig senken. Wir brauchen einen Gewinn. Zum Reinvestieren. Also powern wir persönlich  mehr und denken uns allerhand aus, um unsere Gäste bei uns zu behalten.

Als Gast ist es natürlich grandios, von Zeit zu Zeit im Luxus schwelgen zu können, ohne den dafür notwendigen Preis bezahlen zu müssen. Dabei können die Relationen verloren gehen, also das Bewusstsein, was ein Hotel in welcher Kategorie zu bieten in der Lage ist. Ab und zu merke ich das im eigenen Haus. Wenn Gäste mit Ansprüchen kommen, die ein 4-Stern-Hotel schlicht nicht erfüllen kann.

Ich bin trotzdem gerne Hotelier. Darum fröne ich jetzt mal meinem Hobby: Ich wandere mit meinen Hotelgästen mit Stock über Stein und von Bächlein zu Bächlein, vorbei an Alpen mit Kühen drauf. Manchmal schauen die Bauern aus ihren Häusern und rufen uns zu, ob wir nicht bei ihnen hereinschauen wollten, auf ein Stück Alpkäse.