Und jetzt? Weiter! Natürlich.
Sie haben also gesprochen am 1. Bernerhof Gespräch, Reto Gurtner und Urs Kessler, und unsereins blieb nach diesem Abend staunend und mit offenem Mund sitzen. Zu gross seien die „Wettbewerbsnachteile“ des Saanenlandes, finden Aussen- und Einheimische, oder sogar unlösbar.
Prima. Dann können wir nämlich mit dem Weiterdenken aufhören und endlich mit dem Umdenken beginnen. Das Davonlaufen aufgeben und das aufeinander Zugehen ausprobieren. Hinaus aus dem Gärtli, von dem man glaubt, es gehöre einem ganz allein. Stattdessen mal ein paar Köpfe nageln.
Obacht: Ja-aber-Menschen sollten hier nicht mehr weiter lesen. Alle andern dürfen mal ein paar Gedanken spielen lassen. Zum Beispiel über Massnahmen wie diese:
- Alle Verträge, welche die Bergbahnen mit den Landeigentümern abgeschlossen haben, kündigen und mit einem einmaligen Betrag abgelten.
- Alle Verträge kündigen mit den Aktiengesellschaften * , die in der Bergbahn Destination Gstaad (BDG) AG aufgegangen sind.
… Bei Nichterfüllen der ersten beiden Punkte: Schlüssel drehen und die Bahnen der Natur überlassen. Angesichts dieser Alternative klappt es ja dann vielleicht doch… Und danach:
- Die BDG AG durch die Gemeinden sanieren.
- Neue Betreiber für die Bergbahnen suchen, welche die Unternehmung gewinnorientiert führen. Mit einem oder mehreren Investoren. Oder mit einer neu zu gründenden Aktiengesellschaft, bestehend aus Einheimischen und Gästen. Diesenfalls käme eine Verschmelzung mit den Unternehmungen Lenk/Adelboden und einer damit verbundenen Verbindung der Skigebiete in Frage.
- Mit dem neuen Betreiber einen jährlichen Beitrag durch die Gemeinden aushandeln, der an gewisse Auflagen wie zB. Öffnungszeiten geknüpft ist.
Die Positionierung bauen wir auf unseren ureigenen Stärken auf. Wir lassen unsere Identität spielen, nutzen unsere Natur. Wir stellen Produkte in den Mittelpunkt, welche aus dieser Region stammen und von Menschen aus der Gegend hergestellt und gepflegt werden. Wir leben unsere Eigenständigkeit so, dass niemand uns und unsere Gegend kopieren kann. Wir sind kein Trend und wir sind kein Konzept, sondern wir sind wir. Die Menschen, die Landwirtschaft, der Tourismus machen uns zur Marke. Wir besinnen uns auf die eindrückliche Kraft des Wirklichen.
Und wo soll das noch hin führen? Zum Beispiel zu einer Gstaad Mountain Area:
- Horneggli wird zum Slowmountain und somit zum Berg für die Genussmenschen. Sie lassen sich befördern auf seitlichen 2-er-Sesselliften wie anno dazumal. Die Technik der Beförderung auf dem neusten Stand. Auf der Bergfahrt flauschige Wolldecken, Glas Tee oder Cüpli etc. für die Fahrt, Sonnencrème im Sessellift. Die Fahrt auf den Berg ist langsam und gemütlich, dementsprechend sind weniger Skifahrer auf den blauen Hornegglipisten. Im Restaurant ist das Angebot nach der Philosophie von Slow Food aufgebaut. Am Pistenrand gibts einen oder mehrere Stafel, die im Winter zum Restaurant geadelt werden. Mit Milch, Kräutertees aus der Region, Würste und Fleisch vom Grill und Zufriedenheit à discretion.
- Saanerslochgrat wird Actionmountain. Snowparks in allen Stärkeklassen, so dass auch Kids kleine Sprünge machen können. Die Bergrestaurants servieren die besten Burger, Hot Dogs und Chicken Nuggets und die geilsten Sandwiches der Alpen. Selbstverständlich alles aus einheimischen Produkten und in der Region hergestellt.
- Eggli & Videmanette wird der Familymountain. Alles für die Winterfamilie. Leichte Pisten mit kleinen Schanzen und „geheimen Abfahrten“ für die Kinder. Mitten auf der Piste in einem Stafel ist ein Kindergarten mit professioneller Betreuung. So können die Eltern auch mal noch als Ehepaar auf die Piste. Die Bahnen laufen entsprechend langsam und die Mitarbeitenden wissen um die spezielle Betreuung und Hilfsbereitschaft, welche Familien brauchen. Das/die Restaurants bieten hausgemachten Eistee und eine feine Auswahl an Sirup. Die leckeren Bissen hier oben könnten Hörnli mit Gehacktem sein, Gstaadburger, Fischstäbli, Käseschnitte, Fondue, Raclette, supper Suppen (Spatz) und die schweizweit besten Bratwürste und Rösti.
- Glacier3000 und Wasserngrat machen ihre Sache ganz gut, die lassen wir doch mal wie sie sind.
- Dann fehlen noch Wispile sowie das Rellerli. Die bekommen den Namen Openmountain. Auf diese beiden Berge fährt keine Bahn mehr, aber dennoch werden sie ins Konzept integriert. Im Winter sind spannende Routen markiert, Liebhaber besteigen sie auf Tourenskis oder Schneeschuhen. Es locken Winterwanderwege, die mit Pistenfahrzeugen gepflegt werden. Einfache und schwierige Routen bieten sich an. Überwacht wird das stille Paradies von Gstaad-Mountain-Guides. Auch hier können Einheimische Stafel betreiben. Für die Sommer-Erschliessung braucht es zuerst eine kleine Strasse, analog Hornberg, nur für Bustaxis und Hotelbusse.
- Zu guter Letzt wird eine neue Bahn direkt vom „LesArtsGstaad“ ins Skigebiet Hornberg gebaut. So verbinden sich Kunst und Sport.
Sodeli, so sähe ich die Zukunft der Bergbahnen rund um Gstaad. Unbesehen von vorhandenem oder besser nicht vorhandenem Geld. Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut, finanziert schon gar nicht.
Nach dem 1. Bernerhof Gespräch sind bei mir aber doch auch noch ein paar Gedanken zur Gegenwart hängen geblieben. Und die gehen so:
Unter den aktuellen Voraussetzungen sind die Bergbahnen im Saanenland unmöglich profitabel zu führen. Dennoch sei ein Impuls für Armon Cantieni erlaubt: Ein bestimmteres Auftreten wäre schön. Klar zu sagen was Sache ist. Nämlich, dass die Bergbahnen ab sofort keine Landentschädigung mehr bezahlen. Die Bergbahnen kämpfen um jeden Rappen, während Einheimische, welche nichts dafür können, dass sie Landbesitzer sind, jährlich einen Batzen ins Portemonnaie streichen können.
Ebenso unglaublich sind jene Kreise der „alten Bergbahn AG’s“ *, welche sich bis heute in Verträgen ein Mitspracherecht sicherten. Da sitzen eine ganze Menge Verhinderer. Wegen denen müht sich diese Region immer noch mit der Vergangenheit ab und kann sich nicht auf die Zukunft trimmen. Und das ist mit nichts zu rechtfertigen. Wäre ich Armon Cantieni, ich hätte ihnen den Schlüssel schon lange auf den Tisch geknallt.
Man kann nicht immer alle einbinden und auf jeden hören, sonst gibt es ein Wischiwaschi. Man kann nicht immer wieder nette neue Gesprächsgruppen bilden, egal ob sie nun Merligentagung oder Spurgruppen oder Reflektion oder was weiss ich heissen. Da werden Schubladenfüller produziert. Unser Produkt ist weit weg von einer klaren Positionierung. Für eine klare Positionierung braucht es aber Macher, die etwas bewegen und die Leute begeistern können. Zugpferde, die nicht noch siebenhundert Schindmähren hinterherziehen müssen.
Und jetzt? Weiter! Natürlich.
Erklärung für die Aussenheimischen
* Früher bestand das Saanenland aus diversen Bahnen und Bähnli. Diese wurden in eine einzige AG, der BDG integriert. Damit das geschehen konnte, rangen die alten Verwaltungsräte mit den alten Bahnen der neuen AG ein Mitspracherecht ab, wie zum Beispiel, dass bei der Stilllegung der alten Bahnen diese mit einem Franken zurückgekauft werden können, damit sie von den inzwischen noch älteren Verwaltungsräten weiter betrieben werden könnten. Das alles nennen wir im Saanenland Strukturbereinigung.