Zermatt versus Gstaad

Ich war schnell in Zermatt. Nicht um gesehen zu werden. Sonst wäre ich nach St. Moritz gegangen. Sondern um Neues zu sehen. Ich bewundere die Zermatter schon ein wenig. Wie die es schaffen, dass Frau, Kind und Mann sich in Täsch in einen Zug zwängen. Parkhaus – Gepäckwagen – Zugticket – in Zermatt Hotelelektrowagen oder Taxi suchen – Gepäck ab Gepäckwagen – ins Elektroauto – Wagen ohne Gepäck wieder einreihen, damit die 5 Leihstutz zurück kommen – zum Hotel. Uff, angekommen. Aber sie schaffens und boomen drauflos.

Facts:

Die Bettenauslastung der vorhandenen Betten im Zeitraum 2008/2009 der Hotellerie im Winter war bei 63.77%, im Sommer 42.95% was eine Durchschnittliche Bettenauslastung im Jahr von 53.21% sind. In Gstaad waren dies in der gleichen Zeitperiode – ähmä, getreue mich es fast nicht zu schreiben… 38.06% !! He Achtunddreissig Komma Nullsechs!!  H A L L O  Gstaad, aufwachen.

In Zermatt ist der Anteil der Schweizer bei 34.29% (Gstaad 61.7%), Deutschland 17.44 (8.3%), Grossbritanien 10.29 (4.2%), Japan 4.2% (wird nicht einzeln erfasst), Benelux 3.8% (5.7%), Frankreich 3.03% (6.5%). (Quelle Jahresbericht Zermatt Tourismus 2008/2009)

Bin in Zermatt….

…. endlich angekommen. Sofort nach unserer Ankunft machten wir uns auf die Pisten. Klein Matterhorn war das Ziel. Nach einem kurzen Skischuhfussmarsch durch das verkehrsfreie Zermatt, mussten wir nur vor den Elektroautos auf den Gehsteig flüchten. Benzinautos kamen keine. Die Dimension der Bergbahnen haben mich beeindruckt. Ehrlich. Gondelbahn über Sesselbahn. Alles in Bewegung. Keine Schlangen. Aber volle Pisten. Carven im Gebiet Klein Matterhorn hat mir keine Freude bereitet. Zu sehr mussten oben, seitlich und talwärts die Augen offen sein. Die Hektik hat über den Genuss obsiegt. Seisdrum.

Wir machten uns auf ins Restaurant „Zum See“. Natürlich haben wir nicht reserviert. Das war ein Fehler. Aber Greti Mennig machte es möglich, dass wir einen gemütlichen 4-er Tisch zu Zweit belegen konnten. Die Freundlichkeit des Teams um Max und Greti Mennig ist weltmeisterlich. Der Gruss aus der Küche war eine Bouillabaisse. Phua. Ich bin ja kein GaultMillau Tester, der Grund weshalb ich nicht auf das wirklich fantastische Essen (hatte Milken an einer Morchelsauce und Nudeln. Als Dessert die weltberühmte Crèmeschnitte) näher eingehe. Nur soviel: die 13 Punkte sind mehr als verdient. (Übrigens, die Küche von Max ist nur circa 15m2 gross!)

Zurück im Dorf. Die Bahnhofstrasse oder Hauptstrasse war brechend voll. Mensch an Mensch. Natürlich besuchte ich das eine oder andere Hotel, Lounge, Bar. Aufgefallen ist mir das Hotel Post. Mitten in Zermatt wird cool geboomt und in einem Hotel Bar’s, Restaurants eröffnet. Kein Wischiwaschi. Jedes Restaurant klar Positioniert. Guet.

Am nächsten Tag gings auf die Pisten rund um die Sunnegga. Nach dem bezahlen der 73.—Franken für die Tageskarte bestiegen wir die Bahn ins Sunnegga Paradiese. Und hier waren die Pisten wirklich vollheiss. Beschneit wird bis 3000 Meter über Meer. Über Unsinn und Sinn von Schneeanlagen auf 3000 MüM mag ich an dieser Stelle nicht reden. Es ist einfach so. Das Mittagessen war bei „Chez Vrony“ in Findelen. Sackstark. Auch hier stimmte jedes Detail wie bei Max & Greti. Eines meiner Lieblingsessen (Macaroni mit Gehacktem) habe ich bestellt. Und die waren echt gut. Zu meiner Überraschung wurde ich gefragt, ob ich noch einen Nachschlag haben wolle. Ich wollte.

Weiter ging es mit den Skis Richtung Zermatt. Am Ende der Piste wurde ich gestoppt. Ich stand vor dem Cervo. Ein im  Dezember 09 eröffnetes – ja was eigentlich – Restaurant, Boutiquehotel, Club, Lounge. Oder wie die Homepage sagt: der Logenplatz über Zermatt. Ein Besuch der sich lohnt. Unbedingt die Homepage anschauen!

Das Resümee Zermatt versus Gstaad

Kurz: ich bin froh, dass ich in Gstaad und nicht in Zermatt bin. Gstaad ist ruhiger und bedächtiger. Gemäss seinem Slogan „Come up – slow down“. Trotzdem, Zermatt muss für uns im Saanenland Vorbild sein. Die „Beizen“ an den Pisten sind einzigartig und von unübertrefflichem Charme und Qualität. Kuhstall Romantik sucht man in Zermatt zum Glück vergebens. Gerade in diesem Bereich sähe ich bei uns in Gstaad Handlungsbedarf.  Nur schon, dass ein „Pistenrestaurant“ in Gstaad auf den Namen Kuhstall hört… Tzzz

Etliche Hotels in Zermatt erneuern sich und entwickeln spannende Konzepte. Nicht umsonst haben die Zermatter eine bessere Bettenbelegung. Ich gehe einmal davon aus, dass auch die Wertschöpfung auf den erzielten Preis stimmt. Wie sonst könnten sie so investieren.

Aktuell für Gstaad: Die Zermatter haben ihr Leitbild mit Vision (Vollversion Leitbild) gleich ins Internet gestellt. Wachen wir auf in Gstaad und erneuern uns. Die Zeit ist reif.

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5 Antworten zu “Zermatt versus Gstaad”

  1. Emaan de Jong sagt:

    Sehr schön dieses Kommentar zu lesen, Stimme zu! Gstaad kann noch einiges lernen von Zermatt. Auch die Après Ski Bars im Dorf fehlen hier. Ich nenne zum Beispiel Papperla Pub… (www.papperlapub.ch)
    Come Up, slow down; aber bitte nicht zu langsam.

    Mit freundlichen Grüssen,
    Emaan de Jong

  2. Vielen Dank für diesen interessanten und objektiven Kommentar. Zu denken gibt mir auch die folgende Tatsache: Die in diesem Bericht zum Vergleich herangezogene Region Gstaad-Saanenland, steht weit über dem Durchschnitt was das gesamte Berner Oberland anbetrifft! Orte wie Grindelwald, Wengen, Adelboden oder auch die Lenk rangieren aus meiner Sicht, die reinen Pisten-Km mal ausgenommen, deutlich hinter der Region Gstaad-Saanenland. Mein persönlicher Vergleich dieser Orte mit Zermatt fällt teilweise vernichtend aus. Selbst als eingefleischter und fanatischer Berner Oberländer muss ich eingestehen dass wir um Jahre hinterherhinken, sei es bei Gastronomie, Pistenpräperation, oder dem gesamten Bergbahn und Liftkonzept. Es neben all diesen postitiven Dingen auch fragliche Einrichtungen wie Beschneiungsanlagen auf 3000 m, Elektrofahrzeuge ohne Ende, die Preisskala der Tageskarten oder von einzelnen Gastro- Betrieben etc.
    Trotzdem, mein Fazit: Ich habe seit 2008 kein Saison-Abi mehr für die Jungfrauregion, sondern gönne mir lieber ab und zu, Lötschbergtunnel sei Dank, einen Skitag in Zermatt.

  3. Thomas Frei sagt:

    Besten Dank für Deinen Kommentar Erich. Es stimmt leider. Trotzdem sollten wir nicht lamentieren, sondern agieren und uns an die Arbeit machen.

  4. Roger Seifritz sagt:

    Ich finde es toll, Thomas, dass Du dennoch lieber in Gstaad als Zermatt bist. Zu den aufgezählten Fakten nur noch soviel: Zermatt hat auf ca. zwei bis drei Quadratkilometern über 20’000 Betten. Auch wenn die nur mit 20% ausgelastet sind, heisst das 4’000. Bei 100% Auslastung kommt da niemals mehr Genuss auf (aber die Bergbahnen rentieren). Auslastung und Preisniveau im Winterhalbjahr sind topp. Nicht so im Sommer. Dort regiert König (asiatisches) Pauschalarrangement.

  5. Christiane Matti sagt:

    …. ich liebe Zermatt, das Horu, die Skipisten, Findlen, das Pöstli, manche Hotels und das rege Treiben im Dorf. Aber leben tue ich auch lieber in Gstaad. Ich gehe gerne hin um Ideen zu sammeln, das würde manch andern auch gut tun. Danke Thomas für den tollen Artikel.

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